Frage an Brigitte Zypries von Andreas A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Zypreis,
da auch Sie sich für eine Zensur in Deutschland stark machen, möchte ich meine Fragen auch an Sie stellen.
Sie betonen ja, dass Zensur ein hilfreiches und nötiges Mittel gegen Kinderpornographie im Internet ist. Als Erfolgsbeispiel werden unter anderem Schweden, Dänemark und Australien genannt.
Der Chef der Polizeiermittlungsgruppe gegen Kinderpornografie und Kindesmisshandlung in Stockholm, Björn Sellström, hat allerdings in einem Interview mit dem Focus (1) ganz deutlich gesagt, dass das definitiv nicht der Fall ist.
Des weiteren sind die Zensurlisten von Australien und Dänemark mittlerweile öffentlich einsehbar (2) und zeigen ganz deutlich, dass dort sehr viele Seiten gesperrt werden, die absolut nichts mit verbotener Kinderpornographie zu tun haben sondern überwiegend politisch motiviert sind. Das kann man anhand der Domain selbst oder über Google zu den Domains herausfinden, ohne die Seite selbst aufzurufen.
Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Auch ein norwegischer Polizeichef - John Ståle Stamnes - hat sich mittlerweile dazu geäußert und in einem Interview mit ABC (3), dass die immer wieder auftauchenden Zahlen völlig haltlos und extrem übertrieben sind.
Der Vorstandsvorsitzende des Verbands der deutschen Internetwirtschaft (Eco), Michael Rotert, hat ebenfalls - wie auch eine Vielzahl anderer ECHTER Experten in einem Interview mit der Berliner Zeitung (4) gesagt, dass die von Ihnen angestrebte Zensur völlig nutzlos ist.
Was sagen sie zu diesen Fakten und welche Konsequenzen haben diese auf Ihr Zensur-Vorhaben?
Mit freundlichen Grüßen
(2) haben Sie bitte Verständnis dafür, dass ich die Liste nicht direkt heir verlinke, sie dürfte Ihnen aber sehr wohl bekannt sein - immerhin gab es ja bereits eine Razzia beim Eigentümer der Domain wikileaks.de
(3) http://www.abcnyheter.no/node/73985
(4) http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0326/politik/0039/index.html
Sehr geehrter Herr Aufmuth,
ich habe nicht nur auf dieser Plattform mehrfach dargestellt, dass es sich bei dem nunmehr geschaffenen Gesetz nicht um Zensur handelt. Im Übrigen haben Sie sicherlich den Medien entnommen, das es zwischenzeitlich aufgrund der Forderungen meiner Partei erhebliche Änderungen gegeben hat, die auch Ihre Bedenken berücksichtigen.
Das Sperren der Seiten hat bei der Wahl der Mittel keinen Vorrang. Vielmehr ist der Grundsatz „Löschen vor Sperren“ jetzt ausdrücklich im Gesetz enthalten. Immer dort, wo es möglich ist, soll das Bundeskriminalamt auf eine Löschung solcher Seiten hinwirken. Nur wenn dies in angemessener Zeit nicht zu erreichen ist, wird die Seite vom BKA auf die Liste gesetzt.
Die Sperrung von anderen als kinderpornografischen Inhalten wird durch mehrere Elemente verhindert. Zum einen wird beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und Informationsfreiheit ein fünfköpfiges unabhängiges Expertengremium eingesetzt, um die Sperrlisten zu überwachen. Der einzelne Nutzer - und damit letztlich auch der Anbieter - von Telemedienangeboten erfährt zudem durch die Stoppmeldung, dass ein Angebot auf dieser Liste geführt ist. Diese Stoppmeldung informiert auch über die Möglichkeit, das Bundeskriminalamt zu kontaktieren und es auf eine nach Auffassung des Nutzers unberechtigte Sperrung aufmerksam zu machen. Ferner stellt das Gesetz klar, dass für Streitigkeiten über die Aufnahme eines Telemedienangebotes in die Sperrliste der Verwaltungsrechtsweg mit allen bestehenden Möglichkeiten, einschließlich des vorbeugenden und des einstweiligen Rechtsschutzes, gegeben ist.
Auch der Befürchtung, das Gesetz sei nutzlos, wurde begegnet. Die Geltungsdauer des Gesetzes ist bis zum 31. Dezember 2012 befristet. Auf der Grundlage einer nach zwei Jahren vorzunehmenden Evaluierung wird der Gesetzgeber in die Lage versetzt, zu prüfen und zu bewerten, ob das Gesetz erfolgreich war und seine Schlussfolgerungen ziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries