Frage an Brigitte Zypries von Wilfried M. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Ministerin Zypries,
ich bedanke mich für Ihre Ausführungen vom 9.12.08 zu § 203 StGB einerseits und § 65 SGB VIII andererseits ( http://www.abgeordnetenwatch.de/brigitte_zypries-650-5639--f153857.html#frage153857 ).
Sie schreiben, "die Frage der sogenannten Drittgeheimnisse und deren Schutz durch § 203 StGB ist im einzelnen umstritten".
Mich interessiert diese mir unverständliche Einschätzung vor allem vor dem Hintergrund, daß nach meiner Erfahrung sensible personenbezogene Daten (einschließlich irreführende Gerüchte, Fehldiagnosen) immer wieder z.B. in psychologischen Sachverständigengutachten und auch sozialpädagogischen Dossiers auftauchen, welche nicht bei den Betroffenen in Erfahrung gebracht wurden. Oft ist noch nicht einmal ein Zusammenhang zu der Beweisfrage zu erkennen. Die Betroffenen waren nach meiner Kenntnis regelmäßig auch nicht gefragt worden, ob sie mit der Offenbarung der doch sie betreffenden, mitunter auch sie bloßstellenden oder beschämenden, streitverschärfenden und irreführenden Geheimnisse/ Gerüchte durch Verwendung im Gutachten bzw. im Bericht einverstanden sein würden.
Betroffene fühlen sich an Methoden von Geheimdiensten erinnert.
Ich möchte Sie deshalb fragen, ob Sie als Politikerin eher für einen m.W. durch § 203 StGB traditionell auch angestrebten Schutz von anvertrauten oder sonst bekannten "Drittgeheimnissen" sind oder dagegen und ob Sie deswegen als Justiz- Ministerin hier gesetzgeberisch aktiv werden wollen, um Normenklarheit zu schaffen.
Bitte antworten Sie mir unter Bezugnahmen auf das Grundrecht auf informationelle Selbst - Bestimmung.
Mit freundlichen Grüßen
W. Meißner
Psychiater
Sehr geehrter Herr Meißner,
Ihre weitere Frage zu sogenannten Drittgeheimnissen und deren Schutz durch § 203 StGB bestärkt mich in meiner Einschätzung, dass sich dieses Forum für eine detaillierte Erörterung dieses komplexen Themas nicht eignet.
Aus Ihren Beispielen schließe ich, dass Sie unter dem Begriff "Drittgeheimnis" alles verstehen, was nicht vom Patienten selbst anvertraut worden ist. Nach Wortlaut und Schutzzweck des § 203 StGB bezieht sich die berufliche Verschwiegenheitspflicht der dort genannten Berufsgeheimnisträger aber grundsätzlich auch auf solche auf den Patienten, Mandanten etc. bezogenen Geheimnisse, die in einem inneren Zusammenhang mit einer dort genannten Vertrauensbeziehung bekannt geworden sind.
Bei der von Ihnen zuletzt angesprochenen Problematik, dass nicht selbst anvertraute Tatsachen in Sachverständigengutachten Erwähnung finden, dürfte es im Kern um die Frage gehen, ob das "unbefugt" geschieht oder ob etwa eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht vorliegt. Das ist im Einzelfall zu prüfen. Gesetzgeberischen Handlungsbedarf sehe ich nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries