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Frage von Andreas F. •

Frage an Brigitte Zypries von Andreas F. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Zypries,
das Thema Massenabmahnungen bzgl. Internettauschbörsen hat einen neuen, traurigen Höhepunkt erreicht. Die gesetzgeberischen Änderungen scheinen ins Leere zu laufen. Seit Dez. 2008 praktiziert eine Kanzlei aus Karlsruhe eine neue Form des Abmahnwesens. Sie verschickt über die Inkassofirma Infoscore massenhaft Forderungen und droht unverhohlen mit einem Schufaeintrag. Selbst nach ordnungsgemäßem schriftlichen Widerspruch werden die Betroffenen weiter belästigt und die Forderung durch zusätzliche Bearbeitungsgebühren und Beauftragung eines weiteren Anwalts künstlich erhöht, durchschnittlich stolze 50% vom Forderungsbetrag. Dieser Anwalt erwirkt nun entsprechende Mahnbescheide, die aber nach Widerspruch bisher nicht eingeklagt werden.

Augenscheinlich handelt es sich hierbei um eine weitere Drohkulisse, die allerdings Wirkung zeigt, da vermehrt Betroffene berichten, dass sie nun aber „richtig die Hosen voll“ hätten und nun doch bereit wären, die Forderung zu bezahlen, obwohl sie sich keiner Schuld bewusst sind. Andere Betroffene, die „ihren“ Mahnbescheid noch nicht erhalten haben, sagen, dass „ihr Vater sie umbringen wird“, wenn Post vom Gericht kommt.

Viele Betroffene hatten zuvor noch nicht einmal eine Abmahnung erhalten, sondern werden gleich mit der Inkassoforderung oder einem Mahnbescheid konfrontiert. Diese perfide Vorgehensweise beweist eindeutig, dass es der fordernden Kanzlei, in keinster Weise um den Schutz der Rechteinhaber geht, sondern einzig darum, Geld zu verdienen. Sonst hätten sie längst einen Prozess angestrengt.

Seit 2005 sind alle Internetnutzer zur reinen Gelddruckmaschine für skrupellose Anwälte verkommen und das Ansehen des ganzen Berufsstands der Rechtsanwälte wird nachhaltig beschädigt. Die Rechtsanwaltskammern scheinen damit überfordert oder nicht bereit zu sein, die schwarzen Schafe aus ihren Reihen auszusondern.

Ich frage Sie, wie lange müssen sich die Bürger noch drangsalieren lassen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Fell,

es ist die Aufgabe der örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammern, die Berufstätigkeit der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zu überwachen. Das gilt auch in den von Ihnen angesprochenen Abmahnfällen, und ich weiß, dass dies grundsätzlich auch geschieht. Allerdings sind die Möglichkeiten, auf solche Fälle mit berufsrechtlichen Sanktionen zu reagieren, aus gutem Grund begrenzt. Denn es ist wiederum Aufgabe der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die Rechte ihrer Mandantinnen und Mandanten zu vertreten. Verfolgt ein Wettbewerber seine Rechte und bedient er sich hierbei der Hilfe eines Anwalts, kann dies berufsrechtlich daher grundsätzlich nicht beanstandet werden. Berufsrechtliche Sanktionen kommen aber insbesondere bei Betrugsfällen und darüber hinaus auch dann in Betracht, wenn eine Abmahnung als missbräuchlich im Sinne von § 8 Absatz 4 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beurteilen ist. Danach ist selbst die Geltendmachung bestehender Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie dem Abmahnenden vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.

Dennoch nehmen Beschwerden über Missbräuche der Abmahnung zu. Dies liegt sicher an dem expandierenden Onlinehandel. Ich habe deshalb die beim Bundesministerium der Justiz eingerichtete Arbeitsgruppe "Unlauterer Wettbewerb", die auch schon die UWG-Reform von 2004 erfolgreich begleitet hat, gebeten, sich mit der Thematik zu befassen und Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Ich kann Ihnen versichern, dass das Bundesministerium der Justiz zügig und sorgfältig prüfen wird, wie den bestehenden Missbräuchen bei Abmahnungen wirkungsvoll begegnet werden kann.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries