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Frage von Ralph S. •

Frage an Brigitte Zypries von Ralph S. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Zypries,

zunächst möchte ich mich für Ihre Antwort zu meiner ersten Anfrage bedanken.
In Bezug zu meiner Frage und meiner Bitte um eine Stellungnahme zum BGH-Urteil, XII ZR 109/05, antworteten Sie u.a. :
"Sehr geehrter Herr ,

die von Ihnen angesprochene Entscheidung des Bundesgerichtshofs bedeutet keine Rückkehr zum alten Recht. Geschiedene Ehegatten können jetzt nicht mehr ohne weiteres bis ins hohe Kindesalter Betreuungsunterhalt für sich beanspruchen."

Ich stelle hierzu fest, dass bereits einen Monat vor dem o.g. BGH-Urteil das OLG Frankfurt seine unterhaltsrechtlichen Leitlinien dahingehend neu gefasst hatte, indem folgender Satz, dem umfassend ausgeführten Punkt 17.1. angefügt wurde:
"Der Betreuungsunterhalt ist in der Regel nicht zu befristen."

Ich stelle ferner fest, dass Punkt 17.1. der unterhaltsrechtlichen Leitlinien des OLG Schleswig, vom 01.01.2009 inhaltlich in ähnlicher Weise gefasst wurde und dort von Anforderungen an die Erwerbstätigkeiten betreuender Elternteile, von 75% bis 100%, ab 8. Schuljahr die Rede ist.

Meine Frage an Sie heute: Sie benutzten die Worte "ohne weiteres" und meinten damit vermutlich, dass es keinen Automatismus gebe!?
Was aber bedeutet dies in der Praxis, wenn beispielsweise kindbezogene Gründe, durch einfachen Vortrag begründet, zu Betreuungsunterhalt bis ins hohe Kindesalter führen?
Handelte es sich dann bei der Unterhaltsrechtsreform nicht lediglich um eine rhetorische Reform, nahezu ohne praktische Auswirkung, zumal unbefristet ausgeurteilte Unterhalte, nach BGB,§1570 nur über Abänderungsklagen aufgehoben werden können und deren Ausgang immer wieder ungewiss bliebe?

Über eine offene und direkte Antwort zu "rhetorisch vs. praktisch" würde bestimmt nicht nur ich mich freuen.

Mit freundlichem Gruß

Ralph Steinfeldt

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Steinfeldt,

die Unterhaltsrechtsreform ist keineswegs ohne praktische Auswirkungen geblieben. Ein Blick in die bislang zum neuen Unterhaltsrecht ergangene Rechtsprechung zeigt, dass geschiedene Ehegatten nach neuem Recht sehr wohl strengeren Erwerbsanforderungen unterliegen. Das gilt auch für den Betreuungsunterhalt. So konnte ein geschiedener Ehegatte nach altem Recht beispielsweise mindestens bis zum 8. Lebensjahr des zu betreuenden Kindes Unterhalt verlangen - und zwar in vollem Umfang. Nunmehr wird regelmäßig bereits nach Vollendung des 3. Lebensjahres geprüft, ob sie eine geringfügige oder aber sogar halbschichtige Tätigkeit aufnehmen können.

Ich bin mir bewusst, dass einige Unterhaltspflichtige trotz dieser Fortschritte enttäuscht sind. Leider wurde durch die Berichterstattung im Vorfeld der Reform teilweise der Eindruck erweckt, dass künftig nur noch bis zum 3. Lebensjahr des Kindes Betreuungsunterhalt geschuldet werde. Bereits in der Gesetzesbegründung steht allerdings, dass die Neuregelung keineswegs einen abrupten, übergangslosen Wechsel von der elterlichen Betreuung zur Vollzeiterwerbstätigkeit verlangt, sondern im Interesse des Kindeswohls auch künftig ein gestufter Übergang möglich ist. Das halte ich nach wie vor für richtig.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries