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Frage von Hans L. •

Frage an Brigitte Zypries von Hans L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Zypries,

ich muß leider nochmal das Thema aufkommender Judenhass in Deutschland aufgreifen, denn Ihre Antworten an Herrn Lehmann und besonders die an Herrn Geiger vom 09.01.09 ließen mich wirklich die Luft anhalten.

Herr Geiger hat Ihnen konkrete Videos verlinkt, in denen klar zu sehen war, daß hier das Strafrecht schon längst tangiert bzw. der Rahmen des Zulässigen überschritten war. Trotzdem antworten Sie ihm unter Mißachtung dieses Umstandes, daß wir nach dem GG Meinungsfreiheit hätten.

Ich sehe das als einen Irrtum Ihrerseits an, denn sicher sind Sie nicht der Meinung, daß "Tod den Juden" unter die Meinungsfreiheit fällt.

In beiden Antworten empfehlen Sie den besorgten Bürgern, selber eine Strafanzeige zu stellen. Angesichts der damit auch real existierenden möglichen Gefahren für den Anzeigenden empfinde ich diese Empfehlung angesichts des intensiven "Kampfs gegen rechts" als irritierend. Hätten Sie diese Empfehlung auch ausgesprochen, wenn eine NPD-Demonstration "Tod den Juden" skandiert hätte? Sicher nicht!

Nach meinem Dafürhalten handelt es sich hier um ein Offizial-Delikt, daß die Bundesstaats-Anwaltschaft hätte sofort verfolgen müssen.

Es bleibt also in Ihren Antworten und auch im realen Verhalten des Staates Deutschland ein Nachgeschmack zurück, daß hier mit unterschiedlichem Maßstab bewertet wird. Unseren jüdischen Mitbürgern ist es aber sicher herzlich egal, ob nun Islamisten oder Nazis "Tod den Juden" schreien.

Wie ernst ist es Deutschland, der SPD, Ihnen abseits der üblichen, jährlichen Schuld-Symbolik wirklich mit dem "Nie wieder"?

Mir ist das sehr ernst und deswegen bin ich sehr besorgt über die Entwicklungen in unserem Land.

Für eine ausführliche Antwort, die auf die neuen Aspekte meiner Frage zu dem Thema eingeht, wäre ich Ihnen dankbar.

Mit freundlichen Grüßen
Hans Lotus

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Lotus,

ich gebe Ihnen Recht, dass nicht alle Äußerungen akzeptiert werden
müssen. Wenn zu Gewalt aufgerufen wird, ist die Grenze dessen, was im
Hinblick auf die freie Meinungsäußerung erlaubt ist, sicherlich
überschritten. Antisemitische Äußerungen in jeder Form sind allerdings
völlig inakzeptabel.

Es ist nicht richtig, dass ich in der Antwort an Herrn Geiger, auf die Sie sich beziehen, gesagt habe, dass die Äußerung "Tod den Juden" konkret vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sei. Vielmehr habe ich lediglich allgemein darauf hingewiesen, dass nach unserem Grundgesetz Äußerungen grundsätzlich unabhängig vom Inhalt zu dulden sind, wenn nicht eine bestimmte Grenze überschritten wird.

Ob diese Grenze in diesem Fall überschritten wurde, erfordert eine umfassende Prüfung des Verlaufs dieser Demonstrationen. Dies ist die Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries