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Frage von Jürgen G. •

Frage an Brigitte Zypries von Jürgen G. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Zypries

Ihren Ausführungen, haben Sie vielen Dank, http://www.abgeordnetenwatch.de/index.php?abgID=5639&cmd=650&id=5639&q=jveg stellen dar, dass die Verfahrensordnung, hier die ZPO, die Qualität des Sachverständigen (SV) sicherstellt. Ich kann jedoch in dieser Norm nichts finden, was darauf hindeutet.

Die Qualität des schriftlichen Zeugnisses eines SV kann schwerlich von der Instanz geprüft werden, die eben über das Fachwissen nicht verfügt.

Für die Ablehnung eines SV gelten die gleichen Normen, gleich der Ablehnung eines Richters. Dies lässt keine Ablehnung zu, wenn ein Zeugniss nicht nach wissenschaftlichen Methoden erstellt wird.

Über die Ablehnung entscheidet der bestellende Richter.

Ich kann keine Norm finden, in der dem Richter aufgetragen wird, die "Qualität" des SV zu prüfen, wie soll das gehen, er hat ja nicht das umfängliche Fachwissen. Eine Beeidung, wie hier in Bayern, beinhaltet wohl keine Prüfung auf Qualität.

Es gibt keine Norm , die ein Versagen der Entschädigung vorsieht, wenn das Gutachten nicht verwertet wird/werden kann.
Einen recht ausführlichen Kommentar stellt das OLG München dar:
OLG München vom 24.04.2003 (11 WF 1194/02 und 11 WF 1195/02 und 545 F 4156/98 AG München) Begründung unter III Abs. 2

Es gibt keine Norm, die einen Richter verpflichtet, auf die gängige Rechtsprechung zurückzugreifen. Das ist gut so.

Es gibt keine Norm , die vorsieht, dass die Erinnerung von einem anderen Richter behandelt wird, als dem der den SV bestellt hat.

Letztlich noch die Frage an die Legislative, welche Sie ja auch vertreten: Erwartet die Legislative von der Judikative dass das in der ZPO aufgeführte Wort "Gutachten" stets eine wissenschafliche Arbeit vorausetzt, nur dann verwertet werden soll und dem entsprechend auch vergütet werden kann?
Könnten Sie sich als Legislative damit abfinden, dass der Begriff Gutachten auch eine Arbeit nichtwissenschaftlicher Art befriedigt wird?

Herzliche Grüsse

Jürgen Görg

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Görg,

sehen Sie mir nach, dass ich Ihnen in diesem Rahmen nicht einen ganzen Abschnitt der ZPO nebst zugehöriger Rechtsprechung erläutern kann. Dazu gibt es umfangreiche Fachliteratur, auf die ich Sie verweisen möchte. Exemplarisch möchte ich für die Qualitätsicherung auf § 404 Abs. 2 ZPO hinweisen, der vorsieht, dass öffentlich bestellte Sachverständige vorrangig zu bestellen sind. Die öffentliche Bestellung setzt unter anderem den Nachweis der besonderen Sachkunde voraus.

Ihre Auffassung, dass zur Beurteilung, ob ein Gutachten verwertbar ist, das Fachwissen eines Sachverständigen notwendig ist, teile ich nicht. Die Kriterien für die Bewertung der Verwertbarkeit des Gutachtens decken sich nicht zwanggsläufig mit denen für seine Erstellung. Dass eine Pflicht zur Prüfung der Verwertbarkeit besteht, ergibt sich aus § 412 Abs. 1 ZPO. Dort ist geregelt, dass das Gericht eine neue Begutachtung durch dieselben oder andere Sachverständige anordnen kann, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet. Die Verpflichtung des Gerichts, die Verwertbarkeit zu prüfen, wird damit bereits vorausgesetzt.

Es ist zwar zutreffend, dass weder ZSEG noch JVEG Regelungen enthalten, die den Ausschluss der Sachverständigenvergütung regeln. Nicht richtig ist jedoch, dass der Gutachter stets zu entschädigen ist. Hierzu gibt es eine umfangreiche Kasuistik. Beispielsweise ist die Entschädigung zu versagen, wenn der Sachverständige die Unverwertbarkeit seines Gutachtens vorsätzlich oder fahrlässig herbeiführt oder das Gutachten zeigt, dass er nicht über die erforderliche Sachkenntnis verfügt (OLG Brandenburg, Beschluss vom 19. 2. 2008, AZ 6 W 154/07).

Ihre Anregung, Vorbringen gegen ein Gutachten durch einen anderen Richter prüfen zu lassen, als den, der den Sachverständigen bestellt hat, lässt sich nur schwer mit dem Grundsatz vereinbaren, dass das zur Entscheidung berufene Gericht grundsätzlich auch die Beweisaufnahme durchführen soll (§ 355 Abs. 1 ZPO). Eine solche Vorgehensweise wäre auch in hohem Maße ineffektiv, da sich dafür ein weiterer Richter oder sogar eine weitere Kammer zunächst neu in das Verfahren einarbeiten müsste. Dies würde die Kapazitäten der Justiz erheblich belasten und zu Verfahrensverzögerungen führen. Ich vermag auch keinen Grund für eine solche Regelung zu erkennen.

Die Legislative schreibt der Judikative nicht bis in alle Einzelheiten vor, wie die Gesetze auszulegen und anzuwenden sind. Das wäre weder möglich noch sinnvoll. Ich denke, dass die Rechtsprechung in Anwendung der Gesetze ein gutes Instrumentarium entwickelt hat, um die Qualität der Gutachten in Prozessen zu gewährleisten.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries