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Brigitte Zypries
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Frage von Gudrun E. •

Frage an Brigitte Zypries von Gudrun E. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Zypries,
Am 05.11.2008 haben Sie in der Antwort auf die Frage von Herrn Schmelzer im zweiten Abschnitt eingeräumt, dass ein fehlerfreier Rechtsstaat nicht möglich ist, weil dieser von Menschen (Richtern) umgesetzt wird.
Welche Maßnahmen sind vorgesehen, um die Fehlerquote in der Rechsprechung zu minimieren?
Die Richter fordern eine Entlassung der Judikative aus der "Dienstaufsicht" der Exekutive. Das wäre ein Zuwachs an Macht für die Richterschaft (siehe Symposium vom 7.8.11.2008 "Zur richterlichen Unabhängigkeit ..." in Frankfurt a. M.) Gleichzeitig ist die Richterschaft schon jetzt mit der "Selbstkontrolle" überfordert.
Diese Überprüfung der richterlichen Entscheidungen auf Einhaltung von Recht und Gesetz gehört in die Hand von unabhängigen ausgewählten Vertretern des Volkes! Siehe z.B. das von G.Salvi beim o.g. Symposium vorgetragene italienische Modell der Laienmagistrate zur Kontrolle der Justiz.
Bürgerechtler unterstüzen die Forderung der Richter, unter der Bedingung, einer möglichen Prüfung richterlicher Entscheidungen auf Einhaltung von Recht und Gesetz.
Bitte teilen Sie uns, dem Volk, Ihre Pläne zu diesen Problem einer unabhängigen, aber überprüfbaren Rechtsprechung mit.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Eichler-Hoffmann,

nach unserer Verfassung, dem Grundgesetz, sind die Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Die richterliche Unabhängigkeit steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Gewaltenteilung. Sie gehört zu den grundlegenden Elementen des Rechtsstaates. Die Unabhängigkeit der Richter dient dem Schutz der rechtsprechenden Gewalt (Judikative) vor Eingriffen durch andere staatliche Stellen (Exekutive und Legislative). Daher unterstehen die Richterinnen und Richter auch jetzt schon einer Dienstaufsicht nur, soweit ihre Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt wird. Konkrete Weisungen bei der Behandlung einer Rechtssache sind nicht zulässig; eine inhaltliche Überprüfung richterlicher Entscheidungen ist ebenfalls auf diesem Wege nicht möglich. Gerichtliche Entscheidungen können nur mit den im Gesetz vorgesehenen Rechtsbehelfen angefochten werden. Daneben kann ein Richter, der eine Beugung des Rechts begeht, strafrechtlich belangt werden.

Die von den Richtervereinigungen geforderte Herauslösung der Justizverwaltung aus den Justizministerien verändert nichts an der durch das Grundgesetz garantierten Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter. Sie bedeutet lediglich eine andere Organisationsform für die Justiz, insbesondere im Hinblick auf die Ausübung der Personal- und Haushaltsverantwortung. Mir ist dabei allerdings noch nicht klar, welche Vorteile man sich hiervon verspricht, ob diese Vorteile zu erreichen sind und wie viel Aufwand und Bürokratie eine neue Organisationsform für die Justiz bedeutet. Ich bin da skeptisch. Wichtiger als die Frage nach der richtigen Organisationsform erscheint mir, dass wir unsere Justiz dadurch unterstützen, dass wir die Qualität der Rechtsprechung sichern und die Leistungsfähigkeit unserer Gerichte steigern. Hierfür ist eine Besoldung der Richterinnen und Richter erforderlich, welche ihrer hohen Verantwortung entspricht, eine moderne Ausstattung der Gerichte und eine optimale Aus- und Fortbildung für alle Angehörige der Justiz. Alles dies hängt weniger von der Organisationsform, sondern stärker von einer guten Finanzierung der Justiz ab. Dies muss gegenüber der Öffentlichkeit und dem Bundesminister der Finanzen vermittelt werden. Hierin sehe ich meinen Auftrag als Bundesministerin der Justiz.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries