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Frage von Conny-Maren K. •

Frage an Brigitte Zypries von Conny-Maren K. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Zypries,

gerade wurde in den Medien mitgeteilt, dass in Bremerhaven ein wegen Vergewaltigung Minderjähriger Verurteilter auf Grund eines "Formfehlers" im Verfahren auf freien Fuß gesetzt wurde und die bremerhavener Behörden jetzt die Mitbürger vor diesem Straffälligen warnen.

Ich frage mich, wieso die deutschen Gesetze keine Vorschrift beinhalten, die die Aufhebung eines Urteils allein aus Gründen eines Verfahrensfehlers verbietet, wenn in der Sache keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können.

In den Steuergesetzen sieht die Abgabenordnung eben dies vor:

§ 127 AO besagt: "Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 125 AO nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können."

Warum ist es nicht möglich dieses vergleichbar in den Strafgesetzen unseres Landes zu manifestieren. Diese Gesetzeslücke zugunsten eines Einzelnen geht auf Kosten der Sicherheit der Allgemeinheit.

Mit freundlichem Gruß,
C.-M. Krause

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Krause,

die von Ihnen angesprochene Gesetzeslücke gibt es nicht. Die Strafprozessordnung (StPO) stellt sicher, dass grundsätzlich nicht allein ein Verfahrensfehler zur Aufhebung eines Urteils führt. Denn nach § 337 StPO hat eine Revision nur Erfolg, wenn das Urteil auf dem gerügten Verfahrensfehler beruht. Es kommt darauf an, ob das Verfahren ohne den Fehler zu demselben Ergebnis geführt hätte oder möglicherweise anders ausgefallen wäre. Nur im letztgenannten Fall kommt es zu einer Aufhebung des Urteils, was dann im Interesse eines gerechten Urteils im Einzelfall auch sachgerecht ist. Ausgenommen von diesem Prinzip sind nach § 338 StPO lediglich wenige Verfahrensvorschriften, insbesondere zur ordnungsgemäßen Besetzung des Gerichts, zur Öffentlichkeit des Verfahrens und zur unzulässigen Beschränkung der Verteidigung, die grundlegend für eine rechtsstaatliche Ausgestaltung des Strafverfahrens sind und daher als sogenannte absolute Revisionsgründe zur Aufhebung eines Urteils führen müssen.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries