Frage an Brigitte Zypries von Wolfgang H. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Zypries,
in der Schule lernt man, dass - wie es auch im GG steht - vor dem Gesetz alle gleich seien. Warum gibt es dann ein "verbessertes" Verfahren zur Verfolgung von Rechtsverletzungen im Internet nur dann, wenn Urheberrechte im Spiel sind?
Ich darf zunächst mal eine häufige Konstellation schildern: A ist Internet-Provider und stellt seinen Kunden B Internetzugang, Rechenleistung und Speicherplatz auf gemeinsam genutzten Anlagen bzw. komplette Rechner zur Verfügung. Einem Dritten, X, gelingt es nun, in einen Rechner einzudringen und dort Schadsoftware zu installieren, die z.B. versucht, sich mit Benutzernamen und Passwörtern aus einer Liste an verschiedenen Rechnern anzumelden. C ist jetzt der Betreiber eines Rechners, der mehrere tausend Anmeldeversuche aus dem Adressbereich des A registriert. Aus juristischer Sicht hat X erfolgreich Daten verändert, wobei sowohl A als B Geschädigte sind, und den Versuch unternommen, auch Daten des C auszuspähen oder zu verändern. C benachrichtigt den A, der evtl. die Nachricht an B weiterleitet. Im Idealfall wird der Rechner entwanzt, und dann C der Erfolg mitgeteilt. Nur besteht die Welt eben nicht nur aus Idealfällen....
In der Praxis sieht das dann so aus, dass ein und derselbe C innerhalb weniger Tage demselben A mehrere IP Adressen mitteilt und jedesmal den gleichen Textbaustein als Antwort erhält - man habe sich des Problems angenommen und könne aus Datenschutzgründen keine weitere Auskunft erteilen. Natürlich kann C jetzt wegen der Angriffe gegen den A klagen, obwohl A und B erster Linie selbst Geschädigte sind ... es sei denn, man hält ihnen, so wie es die Abmahnkanzleien im Urheberrecht gerne tun, die unzureichende Absicherung als Mittäterschaft vor.
Geholfen wäre den geplagten Admins jedoch durch einen Anspruch gegen A, kurzfristig in direkten Kontakt mit den zuständigen Personen treten zu können, d.h. ggf. die Identität des B zu erfahren. Nur haben Admins nicht die Lobby der Urheberrechtsinhaber ...
Sehr geehrter Herr Hamann,
der Gesetzgeber räumt durch seine im Telemediengesetz (TMG) speziell für Internetprovider geschaffenen bereichsspezifischen Regelungen dem Daten- und Geheimnisschutz der Nutzer eines Internetproviders gegenüber kollidierenden Informationsinteressen einen generellen Vorrang ein, der für Auskünfte an Dritte nur zu Gunsten der Strafverfolgung durchbrochen wird. In den Regelungen des TMG hat der Gesetzgeber die gegenläufigen Interessen abschließend gegeneinander abgewogen und die zur Auskunft berechtigten Stellen und die zur Auskunft berechtigenden Zwecke auch ausdrücklich genannt.
Mit dem von Ihnen angesprochenen Auskunftsanspruch nach § 101 Urheberrechtsgesetz gegen Internetprovider hat der deutsche Gesetzgeber dagegen zwingende Vorgaben aus der Richtlinie 2004/48/EG zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums umgesetzt.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries