Frage an Brigitte Zypries von Andreas G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Zypries,
in einer Ihrer Antworten schrieben Sie:
"Die Einführung von Speicherungspflichten für Telekommunikationsverkehrsdaten beruht auf einer europäischen Richtlinie, zu deren Umsetzung Deutschland verpflichtet ist..."
Ich habe mich an meinen, von mir gewählten, Abgeordneten gewendet. Genau mit der Problematik der Vorratsdatenspeicherung und genau diese Auskunft erhalten.
Können Sie mir erklären wie ich jetzt meine demokratischen Rechte wahrnehmen kann, da mich die Politik ja offenkundig der Möglichkeiten beraubt, durch meine Wahl Einfluß zu nehmen. Besteht die einzige Möglichkeit jetzt darin, Parteien zu wählen die für einen Austritt aus der EU sind ? Bis vor kurzem war es noch so, dass ein Abgeordneter nur seinem Gewissen (evtl. noch seinem Wähler) verpflichtet war und der EU.
Wann erklärt einem einmal ein Politiker, dass es keinen absoluten Schutz vor Terrorismus gibt und man als Bürger einen Preis für Freiheit und Demokratie zahlen muss. Das mussten wir zugegebenermaßen lange Zeit nicht.
Befürchten Sie nicht, dass die Politik durch viele übereilte Beschlüsse einen Schaden anrichtet den alle Terroristen gemeinsam so nicht hinbekommen hätten ?
Sehr geehrter Herr Gustav,
Sie haben recht: einen absoluten Schutz vor Terrorismus gibt es nicht. Trotzdem will der Gesetzgeber natürlich den Schutz der Bürgerinnen und Bürger, aber auch des Staates so weit wie sinnvoll möglich sicherstellen. Wie weit der Staat in die Freiheit der Bürger eingreifen muss, um ihre Sicherheit zu schützen, hängt immer davon ab, wie sich die Gefährdungslage darstellt. Dass eine Gefährdungslage auch in Deutschland existert, zeigen beispielsweise die verhinderten Kofferbombenattentate von Köln, die zur Zeit in Düsseldorf verhandelt werden, oder der Fall der jetzt angeklagten Sauerlandattentäter. Wie die Politik mit der Gefährdungslage umgeht, ist unterschiedlich. Ich setze mich mit Nachdruck dafür ein, bei allen Maßnahmen, die zu einer Einschränkung der Freiheitsrechte führen, immer auf die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs zu achten. Deshalb habe ich auch auf europäischer Ebene die Voraussetzungen für die Vorratsdatenspeicherung auf das mindestvertretbare Eingriffsmaß heruntergehandelt. Denn ich stimme Ihnen völlig zu, wenn die Bürgerrechte und der Rechtsstaat in der Diskussion um immer mehr Sicherheit auf der Strecke bleiben, haben die Terroristen genau den Schaden erreicht, den sie bewirken wollen.
Ein Europa ohne Deutschland ist weder erstrebenswert noch realistisch. Gerade deshalb kann ich nur an Sie appellieren, Ihre demokratischen Rechte auf allen Ebenen aktiv wahrzunehmen. Im Juni 2009 wird das neue Europaparlament gewählt, im September 2009 der Bundestag. Ihre Stimme ist mitentscheidend dafür, welchen Weg Europa und die Bundesrepublik einschlagen werden, wenn es darum geht, eine Balance zwischen Freiheit und Recht zu finden. Kleine Ergänzung am Rande: Damit die Demokratie in Europa mehr Gewicht erhält, habe ich übrigens auch dem Vertrag von Lissabon zugestimmt, der dem Europäische Parlament mehr Gewicht gibt, die nationalen Parlamente stärker in die europäischen Entscheidungsprozess einbindet und ein europäisches Bürgerbegehren einführt.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries