Frage an Brigitte Zypries von Rico H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Zypries,
in Ihrer Antwort an Herrn Felgendreher schrieben Sie:
"ich habe keine Erkenntnisse zu den Ermittlungsmethoden in dem sog. "Holzklotz-Fall" und möchte deshalb zu Ihren Aussagen keine Bewertung abgeben."
Wäre es nicht angebracht, sich als Justitz-Ministerin, in einem so brisanten Fall nach der Sachlage zu erkundigen? Geht es doch um Ihre persönliche Glaubwürdigkeit!
Sie verwiesen ausserdem auf Ihre antwort an Herrn Neumann. Darin schrieben Sie:
"Wer Daten trotzdem missbräuchlich verwendet, dem drohen empfindliche Konsequenzen."
Wem drohen die? der Telekom, Lidl oder den Richtern im "Holzklotzfall"?
Ausserdem erklärten Sie:
"Die Einführung von Speicherungspflichten für Telekommunikationsverkehrsdaten beruht auf einer europäischen Richtlinie, zu deren Umsetzung Deutschland verpflichtet ist..."
Waren Sie es nicht, die diese Richtlinie überhaupt erst auf den Weg gebracht hat?
Mit freundlichem Gruß
Rico Haaske
Sehr geehrter Herr Haaske,
ich kann mich nur wiederholen: Werden die Ermittlungen in einem Strafverfahren -- wie in der Regel - von den Länderstaatsanwaltschaften geführt, wenden Sie sich mit Ihren Fragen bitte an die zuständigen Landesjustizverwaltungen. Mangels Zuständigkeit des Bundesministeriums der Justiz dürfen mir in diesen Fällen weder Auskünfte aus einem Strafverfahren noch Akteneinsicht in die Ermittlungsakten gewährt werden. Das bedeutet Datenschutz.
Die Konsequenzen des Datenmissbrauchs hat derjenige zu tragen, der gegen das Gesetz verstößt. Ich sage es aber gern noch einmal: Die Fälle bei der Deutschen Telekom oder bei Lidl haben mit der gesetzlichen Regelung zur Vorratsdatenspeicherung nichts zu tun.
Was die Entstehungsgeschichte der Vorratsdatenspeicherung anbelangt, sind sie offensichtlich nicht richtig informiert: Der erste Entwurf auf europäischer Ebene wurde 2002 von Dänemark eingebracht; er war allerdings nicht mehrheitsfähig. Nach den Terroranschlägen in Madrid vom 11. März 2004 -- die Ermittlungsbehörden konnten Mittäter über Verkehrsdaten ermitteln -- gewann die Vorratsdatenspeicherung an Bedeutung. Veranlasst durch den Europäischen Rat und über den Ministerrat legten die Regierungen Frankreichs, Irlands, Schwedens und Großbritanniens einen Regelungsvorschlag vor. In den anschließenden Verhandlungen bemühte sich die Bundesregierung mit Erfolg um eine moderate Regelung und erreichte, dass die ursprünglich vorgesehene Mindestspeicherungsdauer von 36 Monaten auf 6 Monate herabgesetzt wurde.
Außerdem werden Standortdaten bei der Mobilfunktelefonie jetzt nicht umfassend gespeichert, sondern nur bei Beginn des Mobiltelefonats, um zu verhindern, dass ein Bewegungsbild für eine Person anhand dieser Daten erstellt werden kann. Soweit die Hintergrundinformation, wie die Richtlinie zustande gekommen ist. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Richtlinie 1: 1, also strikt entlang dem Minimum ins deutsche Recht umgesetzt. Zu nicht mehr und nicht weniger ist Deutschland wie alle anderen Mitgliedsstaaten der EU verpflichtet.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries