Frage an Brigitte Zypries von Martin V. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Zypries,
ich habe erfahren, (aus dem Buch "Halbgötter in Schwarz" von Rolf Bossi) dass in Deutschland bei Gerichtsprozessen teilweise, in jedem Fall aber bei Strafprozessen, kein Wortprotokoll geführt wird. Wie kann es sein, dass gerade Verhandlungen bei schweren Straftaten z.b. Totschlag, die Verhandlung aus Kostengründen, nicht Wort für Wort mitgeschrieben oder mitgeschnitten wird? Was spricht eigentlich gegen eine Videoaufzeichnung bzw. gegen eine TV-Übertragung einer öffentlichen Verhandlung??
mit freundlichen Grüßen
Martin Veiglhuber
Sehr geehrter Herr Veiglhuber,
das Protokoll über die Hauptverhandlung in Strafverfahren soll dem Rechtsmittelgericht die Prüfung ermöglichen, ob in der ersten Instanz alles ordnungsgemäß abgelaufen ist. Das bedeutet auch, dass der Inhalt des Protokolls sinnvoller Weise nicht über das hinaus gehen braucht, was das Rechtsmittelgericht überprüfen darf. Bei den von Ihnen genannten Verfahren wegen schwerer Straftaten handelt es sich um solche, die in erster Instanz vor dem Landgericht verhandelt werden. Im Rahmen des Rechtsmittels, welches gegen solche Urteile zulässig ist, nämlich der Revision, prüft der Bundesgerichtshof das Urteil und das zu Grunde liegende Verfahren – nur – auf Rechtsfehler. Eine vollständige Wortprotokollierung oder die Fertigung von Tonband- oder Videoaufzeichnungen der gesamten Hauptverhandlung würde vieles enthalten, was vom Revisionsgericht gar nicht geprüft werden kann und wäre deshalb eine unnütze Aufzeichnung .
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries