Frage an Brigitte Zypries von Dr. Arndt B. bezüglich Familie
Sehr gehrte Frau Ministerin,
der Bundesgerichtshof hat in seiner Pressemitteilung vom 17.7.2008 zum Betreuungsunterhalt festgestellt, auch bei Ganztagsbetreuung "könnte" ein Vollzeiterwerb wegen der Belastung durch die Betreuung in den Abendstunden "überobligatorisch" sein.
Wie bewerten Sie diese Feststellung im Zusammenhang mit §1601 und §1606 Absatz 3 des BGB?
Ist weiterhin von der Unterhaltsverpflichtung beider Eltern und der Befreiung des Betreuungselternteils von der Barunterhaltspflicht wegen der Gleichwertigkeit von Bar- und Betreuungsunterhalt auszugehen, oder setzt der BGH hier neue Normen und sich damit über bestehende Gesetze hinweg?
Vielen Dank für Ihre Mühe,
mit freundlichen Grüssen,
Dr. Arndt Brenschede
Sehr geehrter Herr Dr. Brenschede,
bitte haben Sie Verständnis, dass ich zur Auslegung des neuen Unterhaltsrechts durch den Bundesgerichtshof keine Bewertung abgebe - genauso, wie ich auch ansonsten Entscheidungen von Gerichten nicht kommentiere.
Allgemein ist jedoch zu erwarten, dass der Bundesgerichtshof und die übrigen im Familienrecht verantwortlichen Gerichte das neue Unterhaltsrecht so mit Leben erfüllen werden, wie es der Reformgesetzgeber geplant hat. Danach ist jeder Ehegatte nach der Scheidung in einem verstärkten Maß dafür verantwortlich, seinen eigenen Unterhalt zu sichern. Soweit ihm dies möglich und im Einzelfall auch zumutbar ist, muss er diesen Unterhalt durch eine eigene Erwerbstätigkeit abzusichern. Selbstverständlich ist dabei vor allem auf die Beanspruchung durch die Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder Rücksicht zu nehmen. Ob daher neben der Obhut über die Kinder von einem Elternteil auch noch eine Vollzeit-Erwerbstätigkeit erwartet werden kann, wird immer von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass auch insoweit die demnächst zu veröffentlichenden Gründe der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 17. Juli 2008 wertvolle Hinweise für die Gerichte zur Entscheidung im Einzelfall geben werden.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries