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Frage von Andrea H. •

Frage an Brigitte Zypries von Andrea H. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Zypries,

mittlerweile gibt es diverse Urteile nach erfolgter Unterhaltsrefom. In verschiedenen Internetforen lassen diese sich gut nachlesen.

Was mir dabei aufgefallen ist, das Altersphasenmodell scheint jetzt wieder aufzuleben (s. beispielsweise OLG-Leitlinien Hamm), sog. überobligatorische Einkünfte werden dem Betreuuenden eingeräumt, obwohl eine Ganztagsbetreuung gewährleistet ist.

Meine Frage dazu: War das von Ihnen so gewollt?
Wollten Sie nicht den geänderten gesellschaftlichen Bedingungen Rechnung tragen?
Sollte die Eigenverantwortlichkeit der Ehepartner untereinander nicht herausgestellt werden

Hier möchte ich sowieso mal auf § 1569 BGB Grundsatz der Eingenverantwortung hinweisen!
Dies ist ja kein neues Gesetzt... Wurde allerdings meiner Meinung nach im Laufe der Jahre von vielen Richtern ausgehöhlt.

Bevor nun auch Ihre neue Unterhaltsreform zu einem Papiertiger wird, was gedenken Sie dagegen zu tun?

In Erwartung Ihrer Antwort verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen
A. Hövekamp

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Hövekamp,

der Grundsatz der nachehelichen Eigenverantwortung ist bereits seit 1977 in § 1569 BGB verankert, war in den letzten Jahren allerdings etwas in Vergessenheit geraten. Dies lag wohl vor allem daran, dass zu wenig auf den Einzelfall abgestellt wurde, wenn beispielsweise schlicht nach dem von Ihnen erwähnten Altersphasenmodell entschieden wurde. Hier soll nach der Unterhaltsrechtsreform der Einzelfall wieder stärker Berücksichtigung finden.

Den Eindruck, dass das alte Altersphasenmodell jetzt in der gerichtlichen Praxis gleichwohl wieder auflebt, kann ich so nicht teilen. Auch in den Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm finden sich dafür keine Anhaltspunkte. Vielmehr sehen sie - im Einklang mit dem Gesetz - ausdrücklich vor, dass sich der Umfang der zu erwartenden Erwerbstätigkeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes nach den Umständen des Einzelfalls richtet. Dabei sind insbesondere die Möglichkeiten der Kinderbetreuung, die Belange des Kindes und etwaige Vertrauenstatbestände zwischen den Ehegatten zu berücksichtigen. Dass trotz vorhandener Ganztagsbetreuung die Einkünfte des unterhaltsberechtigten Ehegatten stets als überobligatorisch angesehen werden, lässt sich den Leitlinien in dieser verallgemeinernden Form aber nicht entnehmen.

Im Übrigen bin ich zuversichtlich, dass die Gerichte die einzelnen Fälle richtig lösen werden. Und ich habe keine Zweifel daran, dass spätestens nach einigen Urteilen des Bundesgerichtshofs die Grundanliegen unseres Gesetzes vollständig zur Geltung kommen.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries