Frage an Brigitte Zypries von Tobias R. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Zypries!
In Ihrer
Antwort auf meine Fragen zum "Gesetzentwurf zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie" sind Sie leider auf die fraglichen Punkte nicht wirklich eingegangen.
Lassen Sie uns zunächst festhalten: Auch das "nicht wirklichkeitsnahe" Geschehen ist Bestandteil des Gesetzes, da die Verbreitung von Jugendpornographie auch ohne die Einschränkungen "wirkliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen" strafbar ist. Darum muß auch das "nicht wirklichkeitsnahe" Geschehen definiert sein. Ich erneuere die Frage:
Wie definieren Sie diese Begriffe?
Sie schreiben, daß ein Beobachter sicher ausschließen können muß, daß Jugendliche die Darsteller waren. Es dürfte wohl jedem offensichtlich sein, daß es unmöglich ist, bei einer etwa 20-jährigen Pornodarstellerin *sicher auszuschließen*, daß sie keine voll entwickelte 17-jährige ist. Da die meisten PornodarstellerInnen junge Erwachsene sind, muß laut ihrer Aussage die Verbreitung von praktisch aller Pornographie zukünftig unter Strafe gestellt werden. Die meisten Videotheken verleihen Pornographie, daher meine Frage:
Flächendeckende Schließung? Wie wird mit Strafanzeigen hier umgegangen werden?
Ich erneuere auch meine Frage nach dem Schutzzweck des Verbots von rein virtuellen pornografischen Darstellungen, beispielsweise Zeichnungen oder Texte, die Personen mit vermeintlich jugendlichen Eigenschaften beinhalten. Diesen Darstellungen liegen keine realen Handlungen irgendwelcher Art zugrunde.
Wer wird hier geschützt? Warum wurden die Ausnahmemöglichkeiten der EU-Richtlinie nicht genutzt?
Sie haben zur Klärung auf die Website ihres Ministeriums verwiesen. Außer der Pressemitteilung zum Gesetz konnte ich dort nichts finden. Können Sie mir eine genaue URL für die Erklärungen geben?
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Riepe
Sehr geehrter Herr Riepe,
Ihre Fragen sind durch meine Antwort vom 3. Juli 2008 schon weitestgehend geklärt. In Ergänzung dazu kann ich Ihnen mitteilen, dass das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses in großem Umfang von den Ausnahmemöglichkeiten im Rahmenbeschluss selbst Gebrauch macht. Richtig ist aber, dass das europäische Recht es erlaubt hätte, auch von der Verbreitung wirklichkeitsnaher Jugendpornographie (der Rahmenbeschluss nennt dies "echte Personen mit kindlichem Erscheinungsbild, die zum Zeitpunkt der Abbildung in Wirklichkeit 18 Jahre oder älter waren") abzusehen. Einen Grund, warum das nicht geschehen ist, habe ich Ihnen schon erläutert. Hinzu kommt Folgendes: Der Rahmenbeschluss erlaubt es nicht, von der Strafbarkeit wegen der Verbreitung fiktiver Pornographie ("realistisch dargestellte, nicht echte Kinder") abzusehen. Weil das nicht schlüssig ist - die Verbreitung von Computeranimationen soll strafbar sein, nicht aber die Verbreitung von pornographischen Filmen oder Bildern, auf denen "Scheinjugendliche" zu sehen sind - hat der Gesetzgeber entschieden, die Verbreitung beider Pornographieformen strafrechtlich gleich zu behandeln.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries