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Frage von Werner S. •

Frage an Brigitte Zypries von Werner S. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Frau Zypries,
Thema Immobilienbetrug:
Trotz existierender Gesetze des EGH werden diese nach meinem jetzigen Wissensstand nicht in Deutschland umgesetzt (Haustürgesetz). Warum? Wie kann es sein, dass durch krimi-nelle Machenschaften von Banken, Sparkassen, Bausparkassen usw. einfache Bürger um ihr gesamtes Vermögen gebracht werden können und sie anstatt der erwarteten Altersabsicherung vor dem NICHTS stehen? An diesem Betrug sind auch Kollegen Ihres Berufsstandes (Juristen) maßgebend beteiligt. Siehe dazu im Internet Immobilienbetrug.de mit tausenden von Betroffenen.
Wie kann es sein, dass die oben genannten Finanzinstitute Dar-lehensverträge an amerikanische "Heuschrecken" verkaufen können, deren oberstes Ziel das "schnelle Geld" und damit die Insolvenz des Kreditnehmers ist? Dieses Thema (Immobilienbe-trug) ist seit Jahren bekannt - es geschieht nichts. Ich habe aus Angst vor dem Verkauf meines Darlehensvertrages einen "Kompromiss" mit der Bank geschlossen (das Darlehens getilgt). Sollte das Gesetz (Haustürverkauf) tatsächlich geändert werden, habe ich dann noch Anspruch auf Entschädigung? Wenn nein, dann hat die Bank mich wiederum mit Hilfe dieses Rechtssystems betrügen können (kein Schadensersatz).
Warum geht der Staat/Justiz nicht gegen die betrügerischen Vermittler und Anwälte vor?
Der "Dumme" scheint immer der "kleine Mann" zu sein.
Hätte nie gedacht, dass die SPD auf der einen Seite die Bürger zur privaten Vorsorge rät und ihn dann (siehe oben) durch Untätigkeit ihrem Schicksal überläßt. Inzwischen haben sich einige Betroffene das Leben genommen. Sie haben den jahrelangen Kampf nicht ertragen. Damit trifft aus meiner Sicht den Gesetzgeber (Parlament / Justizministerium) zumindest eine moralische Mitschuld.
"Das größte Unrecht eines Staates ist, wenn im Namen des Gesetzes Unrecht gesprochen wird." Diesen Satz eines Gelehrten kann ich nur unterstreichen. Ich habe kein Vertrauen mehr in irgend eine Institution dieses Staates.

MfG

Suhuma

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Suhuma,

Verbraucherschutz ist ein Thema, dass die Bürgerinnen und Bürger sehr bewegt. Verbesserungsmöglichkeiten können in diesem Bereich sicher immer gefunden werden, Ihren pauschalen Vorwurf der Untätigkeit aber weise ich zurück.

Sie sprechen zunächst die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Zusammenhang mit dem vornehmlich in den 90er Jahren stattgefundenen Erwerb von Immobilien oder Anteilen an Immobilienfonds auf Darlehensbasis an. Der EuGH hat in seinen Entscheidungen die Auffassung der Bundesregierung bestätigt, dass das deutsche Recht zum Widerruf von Haustürgeschäften und namentlich zu den Folgen des Darlehenswiderrufs bei Immobilienfinanzierungen europarechtskonform ist. Insbesondere hat er klargestellt, dass im Falle des Widerrufs des Darlehensvertrages der Kaufvertrag nicht in die Rückabwicklung des Darlehensverhältnisses einbezogen werden muss. Er hat darüber hinaus aber auch besondere Anforderungen für den Fall aufgestellt, dass der Verbraucher nicht oder verspätet über sein Widerrufsrecht nach der Haustürgeschäfterichtlinie belehrt wurde. Dabei betont der EuGH für den Fall, dass der Verbraucher die mit einer Kapitalanlage verbundenen Risiken bei rechtzeitiger Belehrung hätte vermeiden können, die Notwendigkeit des Schutzes vor diesen Risiken. Es sei Sache der nationalen Gerichte, die nationale Regelung so auszulegen, dass dies erreicht werde. Das deutsche Recht ermöglicht diese Auslegung nach meiner Überzeugung.

Den Verbrauchern stehen neben dem Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften auch weitere Rechte zu. Zunächst kann derjenige, der durch arglistige Täuschung zur Abgabe einer Willenserklärung bestimmt wurde, diese Erklärung anfechten mit der Folge, dass der Vertrag als von Anfang an nichtig anzusehen ist. Außerdem kann auch ein Schadenersatzanspruch gegen Verkäufer und Vermittler bzw. das Kreditinstitut unter dem Gesichtspunkt der Fehlberatung bestehen. Schließlich hat der Bundesgerichtshof aufgrund der vorgenannten Entscheidungen des EuGH seine Rechtsprechung aus Gründen eines effektiven Verbraucherschutzes weiterentwickelt. In dem Fall eines institutionalisierten Zusammenwirkens zwischen Kreditgeber und Vermittler erleichtert er dem Verbraucher ein Vorgehen gegen den Kreditgeber, indem er die Kenntnis des Kreditgebers von einer arglistigen Täuschung des Verbrauchers durch den Vermittler widerleglich vermutet.

Und schließlich sind die Rechte der Verbraucher auch durch die Gesetzgebung der letzten Jahre deutlich gestärkt worden. Gerade im Hinblick auf die Weiterveräußerung von Darlehensforderungen durch Kreditinstitute hat der Deutsche Bundestag am 27. Juni 2008 deutliche Verbesserungen beschlossen. Nähere Informationen dazu finden Sie auf der website des Bundesjustizministeriums (www.bmj.de) unter dem Stichwort "Verbraucherschutz".

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries