Frage an Brigitte Zypries von Hilde S. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Zypries,
hätte ich mein Thema besser unter Bürgerrecht oder vielleicht Gesundheit einklicken sollen? Ich rede von Patientenverfügungen. Wozu braucht es ein Gesetz, um den Willen, der schriftlich, beglaubigt und Angehörigen bekannt gemachten wurde, zu respektieren???? Eine Patientenverfügung ist eine individuelle, höchst persönliche Angelegenheit, die weder interpretiert noch mißachtet werden darf. Es muß niemand eine Patientenverfügung verfassen. Tut es jemand, hat er sich etwas dabei gedacht und möchte nicht von Außenstehenden über deren Ansicht von Lebensqualität behelligt werden. Was tun Sie, um endlich dieses Problem, diese zeitraubenden Debatten über das Thema Patientenverfügung abschließend zu bearbeiten? Wie wäre es mit einer Volksabstimmung? Sieben Millionen Bürger in Deutschland haben eine Patientenverfügung und etwa 100.000 Menschen schlossen sich Organisationen wie Dignitas, Exit und der Gesellschaft für humanes Sterben an. Tun Sie etwas !!!! Ich bin 73 Jahre alt und weiß sehr wohl was ich im Falle eines Falles will und hoffe nur, daß ich durch meine bevollmächtigten Kinder, falls ich nicht mehr reden kann, erfolgreich vertreten werde.
Ich grüße Sie.
Sehr geehrte Frau Siemer,
ich kann gut verstehen, dass Sie sich für eine Stärkung des Selbstbestimmungsrechts jedes Einzelnen am Ende des Lebens aussprechen und erwarten, dass ihre Patientenverfügung beachtet wird. Weil in der Praxis im Umgang mit Patientenverfügungen zum Teil noch große Verunsicherung herrscht, setze ich mich seit langem dafür ein, dass mit einer gesetzlichen Regelung zur Patientenverfügung mehr Rechtssicherheit geschaffen wird. Dafür hatte das Bundesministerium der Justiz schon im November 2004 einen Referentenentwurf vorgelegt. Da die Abgeordneten des Deutschen Bundestages über dieses wichtige Thema ohne die Bindung an Fraktionsgrenzen beraten wollten, hat das Bundeskabinett aber damals keinen eigenen Gesetzentwurf beschlossen. Wir haben im Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode vereinbart, die Diskussion über eine gesetzliche Absicherung der Patientenverfügung fortzuführen und abzuschließen. Dafür wurden verschiedene überparteiliche Gruppenanträge vorbereitet. In ihnen kommen die unterschiedlichen Sichtweisen der Parlamentarierinnen und Parlamentarier zu zentralen Fragen beim Umgang mit Patientenverfügungen zum Ausdruck.
Ich unterstütze den Gesetzentwurf meines Fraktionskollegen Joachim Stünker. Dieser Entwurf stellt eindeutig klar, dass eine Patientenverfügung in allen Lebensphasen zu beachten ist. Dadurch bekommt jeder, der eine solche Verfügung macht, die Gewissheit, dass sein Wille auch dann nicht übergangen wird, wenn er sich selbst nicht mehr äußern kann. Zudem enthält er klare Regelungen, welche Aufgaben ein Betreuer oder Bevollmächtigter hat und wann das Vormundschaftsgericht eingeschaltet werden muss. Der Deutsche Bundestag wird sich noch vor der Sommerpause mit diesem Gesetzentwurf befassen.
Auch wenn es derzeit noch keine gesetzliche Regelung zur Patientenverfügung gibt, heißt das nicht, dass Patientenverfügungen einfach ignoriert werden können. Der Bundesgerichtshof hat bereits bestätigt, dass eine Patientenverfügung zu beachten ist und auch die Richtlinien und Empfehlungen der Bundesärztekammer gehen davon aus. Gesetzliche Regelungen zum Umgang mit Patientenverfügungen sind wichtig und können Verunsicherungen in der Praxis abbauen helfen. Aber schon jetzt ist eine Patientenverfügung ein wichtiges Mittel, um für den „Fall der Fälle" vorzusorgen.
Eine Zusammenstellung der erwähnten Gesetzentwürfe sowie weitere Informationen finden Sie auch auf der Homepage des BMJ unter www.bmj.de/Patientenautonomie.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries