Frage an Brigitte Zypries von Peter H. bezüglich Recht
Vielen Dank für Ihre Antwort zu meiner vorherigen Frage
Es gibt eine große Verwirrung zu den verwendeten Begriffen
nichtiger Verwaltungsakt und unwirksam ..
Ich hätte gerne eine exakte Definition wie dieses nun eindeutig zu Verstehen oder besser gesagt, angewendet werden darf ?
Weil speziell mit diesen Begriffen beginnt das Durcheinander bei Verwaltungsakten - und / oder Bescheiden!
Sehr geehrter Herr Hirschfeld,
bei der Beantwortung juristischer Fragen ist es meist unumgänglich, juristisches Fach-Chinesisch zu verwenden. Ich will versuchen, Ihnen die einzelnen Begriffe zu erläutern.
Ein Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder sonstiges hoheitliches Handeln einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, das zur Regelung eines Einzelfalles dient und einen Adressaten betrifft, der außerhalb der Behörde steht. Eine in der Praxis häufig anzutreffende Erscheinungsform von Verwaltungsakten sind Bescheide. Ein Verwaltungsakt muss nicht zwingend schriftlich ergehen. Ein Verwaltungsakt kann auch mündlich oder sogar durch Handzeichen, beispielsweise bei der Regelung des Straßenverkehrs durch einen Polizisten, ergehen.
Ein nichtiger Verwaltungsakt ist ein solcher Verwaltungsakt, der unter einem schweren und offensichtlichen Rechtsfehler leidet. Ein einfacher Rechtsverstoß ist hierfür nicht ausreichend. Der nichtige Verwaltungsakt, der einen absoluten Ausnahmefall darstellt, ist unwirksam, d.h. er entfaltet keine Rechtswirkung. Nichtige Verwaltungsakte müssen von niemandem beachtet, bzw. befolgt werden. Nichtigkeit ist beispielsweise dann gegeben, wenn ein Verwaltungsakt von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen wurde. Ein belastender Verwaltungsakt ist ein Verwaltungsakt, der dem Betroffenen ein Tun, Dulden oder Unterlassen abverlangt, einen Antrag ablehnt oder beschränkt oder ein Recht entzieht. Beispiele: Aufforderung der Behörde an den Grundstückseigentümer, einen Baum zu fällen; Ablehnung einer Baugenehmigung; Entziehung der Fahrerlaubnis.
Ein begünstigender Verwaltungsakt ist ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt. Beispiele: jegliche Art von finanziellen Leistungen, z.B. Subventionen, BaföG, Arbeitslosengeld. Da begünstigende Verwaltungsakte für den Betroffenen rechtlich nur Vorteile bringen und nicht in seine Rechte eingreifen, ist nicht zwingend eine Rechtsgrundlage für deren Erlass erforderlich. Im Hinblick auf Artikel 3 GG ist es jedoch aus Sicht der Behörde opportun, nur aufgrund einer Rechtsgrundlage zu handeln, um klare Maßstäbe für die Leistungsgewährung zu haben.
Rechtswidrig ist ein Verwaltungsaktdann, wenn er in irgendeiner Hinsicht mit dem geltenden Recht nicht übereinstimmt.
Die bloße Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes berührt allerdings nicht dessen Wirksamkeit, sondern führt nur zur Anfechtbarkeit innerhalb der vorgesehenen Fristen. Das bedeutet, dass der anfechtbare Verwaltungsakt trotz seiner Mängel grundsätzlich gültig ist und erst im Zuge des Rechtsbehelfsverfahrens (Widerspruch, Klage) vernichtet werden kann, sofern er nicht von der Behörde zurückgenommen oder widerrufen wird. Diese Abweichung vom Prinzip des Vorrangs des Gesetzes ist für Verwaltungsakte im Hinblick auf gleichrangige rechtsstaatliche Belange der Rechtssicherheit zulässig. Eine schnelle verbindliche Entscheidung auch im Interesse aller Beteiligten.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Begriffe und deren Bedeutung für die Anwendung in der Praxis erläutern.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries