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Brigitte Zypries
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Frage von Alexander M. •

Frage an Brigitte Zypries von Alexander M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Zypries,

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie keine gute Jusitzpolitik machen.

Wie sonst ist es zu erklären, dass auf der Seite des BMJ gefeiert wird: "Vorratsdatenspeicherung bleibt zulässig"
Schon die Überschrift führt den Bürger in die Irre. Sie suggeriert, als habe das BVerfG das Gesetz bestätigt. Richtig wäre gewesen: „BVerfG setzt Teile des Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung außer Kraft – Speicherung als solche bleibt vorerst zulässig“. Ja, eine solche Headline ist etwas länger, aber soviel Differenziertheit sollten wir dem Bürger – gerade in der Justizpolitik - schon gönnen.

Meine 1. Frage: Sehen Sie nicht auch ein Problem darin, Ihre Teil-Niederlage nicht adäquat (dh differenziert) kommuniziert zu haben?

Weiter heißt es in der PM: „Uneingeschränkt zulässig ist die Übermittlung,
a) wenn es um die Verfolgung der in §100 a Abs. 2 StPO genannten schweren Straftaten geht und die übrigen Voraussetzungen des § 100a Abs. 1 StPO vorliegen
b) wenn es sich handelt um die Verfolgung von [sonstigen] Straftaten [...] die die Unternehmen zu Abrechnungszwecken (und nicht ausschließlich aufgrund der Vorratsdatenspeicherungsrichtline) gespeichert haben.“

Das ist geradezu gefährlich (und für Strafverfolgungsbehörden verführerisch) vage. Soll also die (leicht verklärbare) Zweckwidmung des Anbieters darüber entscheiden, ob im Einzelfall gegen einen Bürger dieser Republik (v.a. in den Tauschbörsenfällen) ermittelt werden darf oder nicht? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!

Daher Frage 2: Müsste der Gesetzgeber diese mit Art. 20 GG unvereinbare Rechtslage nicht SCHNELLSTENS seinerseits klären?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Maiwald,

Ihre rechtliche Bewertung der Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11. März 2008 teile ich nicht. Das Gericht hat mit seiner einstweiligen Anordnung gerade nicht Teile des Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung „außer Kraft gesetzt“, sondern im Gegenteil angeordnet, dass die Telekommunikationsunternehmen die entsprechenden Daten zu speichern haben.

Das Bundesverfassungsgericht hat hierbei den Telekommunikationsunternehmen lediglich auferlegt, in Verfahren, die keine im Katalog des § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung enthaltenen Straftaten zum Gegenstand haben, solche Daten, die nur aufgrund der neuen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung (noch) gespeichert sind, bis zur Entscheidung über das Hauptsacheverfahren vorerst nicht an die Strafverfolgungsbehörden zu übermitteln.

Dass die Strafverfolgungsbehörden im Übrigen bei den Unternehmen zu Abrechnungszwecken gespeicherte Verkehrsdaten bei Straftaten von erheblicher Bedeutung und bei mittels Telekommunikation begangenen Straftaten erheben dürfen, entspricht bereits dem bisherigen – vom Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit nicht beanstandeten – Recht. Der Speicherungszweck der Abrechnung selbst ist im Telekommunikationsgesetz im Einzelnen geregelt, eine hiergegen verstoßende Speicherung ist bußgeldbewehrt. Zudem unterliegen die Unternehmen der Kontrolle und Aufsicht durch die Bundesnetzagentur und die zuständige Datenschutzbehörde. Diese Regelungen sind eindeutig, gewährleisten eine neutrale Überprüfung ihrer Anwendung und haben deshalb nichts mit einer gefährlich vagen und „verklärbaren Zweckwidmung“ zu tun.

Im Übrigen bestimmt sich auch die Antwort auf die Frage, ob gegen eine Person ermittelt werden darf und muss, nicht anhand telekommunikationsrechtlicher Regelungen, sondern danach, ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries