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Brigitte Zypries
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Frage von Jo M. •

Frage an Brigitte Zypries von Jo M. bezüglich Familie

Guten Tag Frau Zypries,

bitte definieren sie fiktives Einkommen und erklären sie wie es sein kann das bei Unterhaltsberechnungen fiktives Einkommen herangezogen wird, ergo Einkommen das es gar nicht gibt.

Ferner möchte ich sie Bitten zu erklären warum es nach einer Scheidung eine "Nacheheliche Solidarität" gibt. Ist eine Scheidung nicht die Juristische Trennung zweier Peronen die sich während ihrer Ehe nichts mehr zum sagen hatten, oder weil vielleicht ein Partner nicht Loyal war und den Partner betrogen hat. Ist der Zustand nach der Scheidung, nicht der gleiche Zustand wie vor einer Ehe, sprich jeder ist für sich selbst verantwortlich. Oder ist die Formulierung der "Nachehelichen Solidarität" nur eine juristische Floskel um sich als Staat, den wir als Bürger und betroffener Männer die ins Sozialsystem einzahlen repräsentieren, aus der finanziellen Verantwortung gegenüber sogenannter Berdürftiger Mütter zu entziehen. Würde dieser Posten ihren Bundeshaushalt so stark belasten?

Erklären sie mir bitte als Kinderloser Single und Berufspolitikerin die Realität, von der ihre offensichtlich Richter keine Ahnung haben.

Abschliessend noch eine letzte Frage. Warum nimmt Deutschland die mehrfachen Verurteilungen des Europäischen Gerichtshofs wegen Verletzung der Menschenrechte an deutschen Vätern hin, ohne irgendetwas zu ändern?

Hochachtungsvoll

Jo Mina

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mina,

fiktives Einkommen spielt im Unterhaltsrecht meist dann eine Rolle, wenn eine der Unterhaltsparteien ihren Erwerbspflichten nicht in ausreichendem Maße nachkommt, so etwa, wenn sie ihren Arbeitsplatz aus nicht erkennbaren Gründen aufgibt oder sich nicht um einen neuen Arbeitsplatz bemüht. In diesen Fällen wird der oder die Betreffende - dies kann der Unterhaltspflichtige, aber auch der Unterhaltsberechtigte sein - so behandelt, als verfüge er oder sie tatsächlich über die erzielbaren Einkünfte. Fiktive Einkünfte können auch angesetzt werden, wenn beispielsweise mögliche Steuervorteile nicht in Anspruch genommen werden oder vorhandenes Wohneigentum nicht vermietet wird. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass Einkünfte nicht mutwillig zu Lasten der anderen Unterhaltspartei geschmälert werden können.

Der Ehegattenunterhalt beruht auf der Überlegung, dass die Verantwortung von Ehegatten zueinander nicht mit dem Scheitern der Beziehung endet, sondern in gewissem Umfang darüber hinaus fortwirkt, dies gilt insbesondere dann, wenn ein Ehegatte zu Gunsten der Familie seine berufliche Entwicklung zurückgestellt hat und nach der Trennung nicht ohne weiteres auf eigenen Füßen stehen kann. Dieser Gedanke der nachehelichen Solidarität ist keine juristische Floskel, sondern unterliegt dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie. Mit dem zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts, wonach geschiedene Ehegatten in verstärktem Maße für sich selbst sorgen müssen, hat der Gesetzgeber den gesellschaftlichen Änderungen Rechnung getragen und eine angemessene Balance zwischen nachehelicher Solidarität und Eigenverantwortung gefunden.

Im Übrigen kommt die Bundesrepublik Deutschland in den Fällen, in denen es einer Umsetzung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bedarf, dieser Verpflichtung nach.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries