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Frage von Tim M. •

Frage an Brigitte Zypries von Tim M. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Zypries,

mit Entsetzen habe ich den Entwurf des Ermächtigungsgesetzes für das BKA gelesen. In diesem großartigen Stück rechtsstaatlicher Gesetze finde ich unter §20c Abs. 3 folgenden Text:

"Unter den in den §§ 52 bis 55 der Strafprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen ist der Betroffene zur Verweigerung der Auskunft berechtigt. Dies gilt nicht, soweit die Auskunft zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder Leib, Leben oder Freiheit erforderlich ist."

Soll heißen: Das BKA darf mich dazu zwingen, mich selbst zu belasten. Nebenbei wird auch noch das Berufsgeheimnis von etlichen Berufen aufgehoben und auch engste Verwandte müssen belastet werden. Eine Kapitulation des Rechtsstaates.

Ihr Kollege Wiefelspütz wird nicht müde zu betonen, dass die Bundesrepublik Deutschland der am besten funktionierende Rechtsstaat der Welt ist. Ich hoffe, wir sind uns einig, wenn wir sagen, dass sich daran auch nichts ändern sollte. Falls dem so sei, dürften sie diesem Gesetz nicht zustimmen.

Frau Justizministerin - werden Sie diesem Gesetz in seiner jetzigen Form (speziell §20c) zustimmen?

Mit freundlichen Grüßen
Tim Mutscher

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mutscher,

gestatten Sie mir zunächst eine Bemerkung: Die Verwendung des Begriffs "Ermächtigungsgesetz" im Zusammenhang mit dem BKA-Gesetz möchte ich nicht unkommentiert stehen lassen. Sie ist inhaltlich nicht nur völlig falsch, sondern auch vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte und mit dem Wissen über die schrecklichen Konsequenzen des Ermächtigungsgesetzes von 1933 mehr als verwerflich.

Nun zu Ihrer Frage:
Der vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt wurde durch das Bundesministerium der Justiz geprüft. Er entspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben.

Die von Ihnen kritisierte Regelung in § 20c Abs. 3 des Gesetzentwurfs ist angelehnt an die Regelung in § 22 Abs. 3 des Bundespolizeigesetzes, sie ist zudem gleichlautend in verschiedenen Polizeigesetzen der Länder enthalten. Nach der Vorschrift ist der Betroffene bei einer Befragung grundsätzlich zur Verweigerung der Auskunft berechtigt, wenn die Voraussetzungen der §§ 52 bis 55 der Strafprozessordnung vorliegen. Dies ist also insbesondere dann der Fall, wenn der Betroffene ein Zeugnisverweigerungsrecht als Berufsgeheimnisträger hat oder mit der Aussage sich selbst oder einen Angehörigen wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit belasten würde. Diese Privilegierungen gelten jedoch dann nicht, wenn die Auskunft zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist, wenn also besonders schwere Gefahren für die öffentliche Sicherheit drohen. In diesen Fällen muss der Schutz des Vertrauensverhältnisses beziehungsweise das Recht, sich nicht selbst zu bezichtigen, hinter dem öffentlichen Interesse an einer wirksamen Gefahrenabwehr zurücktreten. Insoweit gelten im Rahmen der Gefahrenabwehr andere Grundsätze als im Bereich der Strafverfolgung. Vorgesehen ist allerdings auch eine strikte Zweckbindung: die erlangten Daten dürfen also nur zur Gefahrenabwehr, nicht aber in Strafverfahren verwendet werden.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries