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Brigitte Zypries
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Frage von Christian M. •

Frage an Brigitte Zypries von Christian M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Zypries,

gerade habe ich Ihre Antwort auf die Frage von Frau Scheithauer (28.3.) bezüglich des Einflusses der Kirchen in einem säkularen Staat wie Deutschland gelesen.

Auch wenn die Kirchen über 50 Millionen Mitglieder haben, so sind viele davon "Karteileichen" oder Mitglieder die sich aus Faulheit nicht abmelden. Teilweise besteht eine Mitgliedschaft aus gewissen Interessen heraus, die sich nicht aus dem Glauben ableiten lassen (wie z.B. im konkreten Fall bei mir). Selbst von den angeblich gläubigen ist die große Mehrheit nicht vom Katechismus überzeugt und folgt lieber ihren eigenen Moralvorstellungen.
Die wirklich überzeugten und der Linie "ihrer" Kirche folgenden ist nur ein winziger Bruchteil dieser 50 Millionen...

Diese Zahlen werden zum Entsetzen der Kirchen in Studien immer wieder belegt. Oder noch deutlicher jeden Sonntag beim Gottesdienst jedem gezeigt wie desaströs die Zahl der Kirchgänger ist - wo die Zahl der wirklich Gläubigen ja auch nur ein Teil davon darstellt...

Gerade vor diesem Hintergrund möchte ich gerne noch einmal konkret nachfragen:
Sollten die Kirchen nicht wie eine Lobby-Gruppe unter vielen betrachtet werden? Sollte nicht aufgehört werden, ihnen einen Stellenwert zu geben, den sie erwiesenermaßen in Deutschland nicht mehr haben?

Vergleicht man nun die Zahl der Leute, die durch die Kirche(n) repräsentiert werden (nicht die Zahl der Mitglieder...) mit der Zahl der anderen Bürger (und Wähler...) so bin ich mir zumindest nicht mehr sicher, ob manche "Werte" und damit politischen Entscheidungen in Deutschland noch zeitgemäß sind. Wieso darf ich hier mein Auto am Sonntag nicht durch eine Waschanlage fahren?!?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mayer,

Deutschland ist ein Land, das international für das Prinzip von Dialog und Ausgleich, für frühzeitige Entschärfung von Konflikten, für Verständigung und Toleranz im Umgang mit anderen Kulturen steht. Dies beinhaltet auch einen vertrauensvollen Dialog mit den Kirchen über alle wichtigen Fragen der Gegenwart. Gerade bei politischen Entscheidungen, die den Wirkungskreis der Kirchen besonders betreffen, wie die Frage des Lebensschutzes, sind die Kirchen wichtiger Ansprechpartner für die Politik. Vom fruchtbaren Dialog mit den Kirchen hat auch die deutsche Sozialdemokratie besonders während ihrer Programmdiskussion wichtige Anregungen aufnehmen können.

Der SPD ist an einer konstruktiven Verständigung zwischen unterschiedlichen religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen gelegen. Unser Ziel ist eine lebendige politische Kultur. Dabei sind wir darauf angewiesen, dass sich die Kirchen spürbar und kritisch am jeweiligen Diskurs beteiligen.

Wir Sozialdemokraten begrüßen es, wenn Kirchen und Religionsgemeinschaften, kirchliche Gruppen und einzelne Gläubige durch Kritik, Anregung und praktische Mitarbeit an der Gestaltung des gesellschaftlichen und politischen Lebens mitwirken.

Hierbei den notwendigen Konsens zu erreichen ist zwar nicht immer einfach, hat sich aber für beide Seiten bisher stets als lohnend und lehrreich erwiesen.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries