Frage an Brigitte Zypries von Peter J. bezüglich Verbraucherschutz
„Sehr geehrte Frau Zypries,
aufgrund des aktuellen Urteils des BVG dürfen in Zukunft Verbindungsdaten nur bei Verdacht auf schwere Straftaten herausgegeben werden.
Ist es schon eine schwere Straftat, wenn ein einziger Musiktitel per filesharing bzw. ein ehemals absolut frei verfügbares, millionenfach verbreitetes PC- Programm oder ein uralter, vergessener Link unwissend auf der privaten Homepage angeboten wird?
Ich erlaube mir den Hinweis auf Ihre eigenen Worte beim Anwaltstag in Köln und die anschließende, ausgezeichnete Rede von Bischof Huber).
Falls die genannten Beispiele erwartungsgemäß keine schwere Straftat darstellen, ist die Frage der Deckelung auf 50 € fast überflüssig!
Nur deswegen gibt es doch den Sturm der allgemeinen – von den Medien (TV und Presse) massiv unterstützen- Entrüstung!
Ich kann auch nicht erkennen, dass (alle ?) übrigen EU-Staaten mit der „Null- Lösung“ für jegliche Erstabmahnung ungewünschte Erfahrungen nachweisen oder darüber berichten. !
Unwissenheit schützt nicht vor Strafe, aber wie ist die extrem rechtsstaatfeindliche Abmahnwelle mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel vereinbar- die § 1 und § 3 des GG will ich gar nicht erst in Anspruch nehmen, obwohl das ohne Zweifel sehr nahe liegt!
Abschließend frage ich,
- Welche Auffassung vom Beruf des Rechtsanwaltes rechtfertigt solches Handeln (absolut unvereinbar mit den Berufsregeln des RA in der EU)?
- Warum gibt es noch immer keine Reaktion der zuständigen, informierten Anwaltskammern?
- Wie lange soll dieser Vorgang, der geeignet ist ganze Lebensbiographien aus lapidaren Gründen zu vernichten
(siehe ARD SWR/WDR/ PlusMinus/EinsPlus/EinsExtra-
>Die Abmahner<) eigentlich noch andauern?
- Wie lange will das BjM trotz tausendfach nachweisbarer Proteste aus Sicht der Betroffenen noch zuschauen, ohne wirklich zu reagieren und damit selbst Schuld auf sich selbst
zu laden?“
Ich zitiere Martin Luther: "Hier stehe ich, ich kann nicht anders!"
Mfg
Peter Josepeit
Sehr geehrter Herr Josepeit,
aus zahlreichen Schreiben an das Bundesministerium der Justiz ist mir bekannt, dass Abmahnungen zum Teil missbräuchlich eingesetzt werden. Darauf habe ich reagiert und dem Parlament eine Regelung vorgeschlagen, welche die Verbraucher künftig vor überhöhten Abmahnkosten schützt. Danach werden die Kosten der erstmaligen Abmahnung einer Urheberrechtsverletzung auf 100,00 Euro begrenzt, wenn sich die Verletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs zugetragen hat und es sich um einen einfach gelagerten Fall mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung handelt. Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat haben die von mir angeregte Regelung inzwischen beschlossen, das entsprechende Gesetz wird voraussichtlich zum 1. September in Kraft treten.
Ihrer Auffassung, dass es eigentlich überhaupt keiner Deckelung der Abmahnkosten bedürfe, weil es sich bei der Verletzung von geistigem Eigentum um eine bloße Bagatelle handele, möchte ich allerdings widersprechen: Das deutsche Urheberrecht geht - wie auch die für Deutschland verbindlichen Vorgaben des europäischen und internationalen Urheberrechts - davon aus, dass grundsätzlich allein der Urheber darüber entscheiden darf, ob und ggf. in welchem Umfang sein Werk urheberrechtlich genutzt werden darf. Es steht außer Frage, dass sich der Urheber gegen die Verletzung seines Rechts wehren und sich dabei anwaltlicher Hilfe bedienen kann. Das anwaltliche Berufsrecht und die Berufsregeln der Rechtsanwälte in der Europäischen Union stehen dem nicht entgegen. Es ist die berufliche Aufgabe der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die Rechte ihrer Mandantinnen oder Mandanten zu vertreten. Selbstverständlich sind die Anwältinnen und Anwälte bei ihrer Berufstätigkeit verpflichtet, die besonderen Berufspflichten zu beachten, die in der Bundesrechtsanwaltsordnung geregelt sind. So darf die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt sich zum Beispiel nicht unsachlich verhalten oder missbräuchlich abmahnen -- andernfalls kann das berufsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Kommen die Anwältinnen und Anwälte, wie dies im Regelfall geschieht, ihren Pflichten ordnungsgemäß nach, muss derjenige für die Kosten der Rechtsverfolgung und damit der Abmahnung einstehen, der das Recht verletzt hat.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries