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Frage von Jan H. •

Frage an Brigitte Zypries von Jan H. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Zypries,

vielen Dank für
Ihre Antwort auf meine Anfrage bzgl. der Leitlinien des OLG Hamm. Wie schon Herr Möhrmann in
seiner Frage vom 28.01.2008 anführt, werden derartige Leitlinien die Einzelfallentscheidung eben nicht zum Regelfall, sondern zur Ausnahme machen. Die meisten Gerichte werden sich erfahrungsgemäß sehr eng an diesen Leitlinien orientieren.

Wenn man die Begründung des Bundesverfassungsgerichtes zum Urteil vom 28. Februar 2007 (1 BvL 9/04) "Unterschiedliche Dauer der Unterhaltsansprüche für die Betreuung ehelicher und nichtehelicher Kinder verfassungswidrig" durchliest, so liegt in den Hammer Leitlinien - auch für juristische Laien erkennbar - eindeutig eine Missachtung dieses Urteils vor.

Zitat:

".... Zwar ist es wegen des Schutzes, den die eheliche Verbindung durch Art. 6 Abs. 1 GG erfährt, nicht ausgeschlossen, einen geschiedenen Elternteil unterhaltsrechtlich besser zustellen als einen unverheirateten Elternteil, was sich mittelbar auch auf die Lebenssituation der mit diesen Elternteilen zusammenlebenden Kinder auswirken kann. So etwa hat ein geschiedener Elternteil ungeachtet des Alters des von ihm betreuten Kindes einen Unterhaltsanspruch gegen den anderen Elternteil, wenn er eine angemessene Erwerbsarbeit nicht findet. Räumt der Gesetzgeber aber dem geschiedenen Ehegatten einen Unterhaltsanspruch allein wegen der persönlichen Betreuung des gemeinsamen Kindes ein, dann verbietet es ihm Art. 6 Abs. 5 GG, die Dauer der für notwendig erachteten persönlichen Betreuung beim ehelichen Kind anders zu bemessen als bei einem nichtehelichen Kind."

Die Frage an Sie ist doch sicher erlaubt, ob es wirklich dem betroffenen Bürger zugemutet werden soll, über einen Gang bis in die höchste Instanz nach Karlsruhe für eventuelle Korrekturen zu sorgen. Bei einer derartig krassen Nichtberücksichtigung eines Urteils des höchsten deutschen Gerichtes sollte das BMJ doch gefordert sein, hier lenkend einzugreifen.

Freundliche Grüße

Jan Henke

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Henke,

Ihrer Nachfrage liegt wahrscheinlich ein Missverständnis zugrunde. Der entscheidende Punkt ist, ob die Unterhaltsverpflichtung wegen der Betreuung des Kindes besteht. Das Bundesverfassungsgericht hat in der von Ihnen zitierten Entscheidung auch ausgeführt, dass es dem Gesetzgeber unbenommen ist, einen geschiedenen Elternteil wegen des Schutzes der Ehe unterhaltsrechtlich besser zu stellen. Entsprechend sieht das neue Unterhaltsrecht vor, dass sich der Betreuungsunterhalt zusätzlich "unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe" verlängern kann (§ 1570 Abs. 2 BGB). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Leitlinie des OLG Hamm.

Mit freundlichen Grüßen

Brigitte Zypries