Frage an Brigitte Zypries von Donald B. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Ministerin Zypries,
Die Strafbarkeit von Herstellung, Verbreitung und Besitz von Kinderpornografie nach §184b des Strafgesetzbuches greift in mehrere Grundrechte der Bürger, zum Beispiel die allgemeine Handlungsfreiheit, die Kunstfreiheit und die Freiheit der Berichterstattung ein. Das ist dadurch und nur dadurch gerechtfertigt, dass die betreffenden Delike als abstrakten Gefährdungsdelikte andere Rechtsgüter gefährden, die ohne eine Strafandrohung nicht hinreichend geschützt werden könnten.
Bei Kinderpornografie geht man davon aus, dass durch Herstellung von Folgeproduktionen oder durch Nachahmung der Konsumenten die dargestellten Handlungen real wiederholt werden könnten. Obwohl diese Annahme wissenschaftlich umstritten und jedenfalls nicht belegt ist, ist der Gesetzgeber dennoch berechtigt, in Ermangelung gesicherter Erkenntnisse auch schon aufgrund der nichts völlig auszuschließenden Möglichkeit Strafnormen zu schaffen.
Sexueller Missbrauch an Kindern ist immer strafbar und verletzt die Opfer schwer in ihren Grundrechten. Die Annahme, dass Kinderpornografie realen sexuellen Missbrauch begünstigen könnte, legitimiert daher die Strafbarkeit der Delikte im Zusammenhang mit Kinderpornografie.
Der Gesetzentwurf Bt-Drs. 16/3439 Ihres Ministeriums würde nun unter anderem die Tatbestandsmerkmale der §184b StGB derart verändern, dass nicht nur die pornografischen Darstellungen von (immer illegalen) sexuellen Handlungen an Kindern, sondern gleichermaßen auch die Darstellungen von legalen sexuellen Handlungen von Jugendlichen betroffen wären.
Selbst unter der Annahme von Nachahmung oder Nachproduktion des Dargestellten würden sich im Fall von legalen Handlungen keine Straftaten ergeben und keine Rechtsgüter verletzt.
Daher habe ich folgende Frage an Sie:
Da sexuelle Handlungen von Jugendlichen als solche nicht allgemein strafbar sind, mit welcher Legitimation kann der Staat die pornografische Darstellungen derselben zensieren?
Mit freundlichen Grüßen
D. Buczek
Sehr geehrter Herr Buczek,
zu der geplanten Erweiterung von § 184b StGB fragen Sie, welchen Zweck diese Änderung verfolgt. Hierzu müssen Sie zunächst wissen, dass der Entwurf des von Ihnen angesprochenen Gesetzes der Umsetzung einer europäischen Vorgabe dient, und zwar der Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie (Bundestags-Drucksache 16/3439).
Sie haben zwar insoweit Recht, als sexuelle Handlungen Jugendlicher in der Regel nicht strafbar sind. Entscheidend für die Änderung ist aber, Jugendliche davor zu schützen, in pornographischen Schriften vermarktet zu werden. Diesen Zweck verfolgt der Rahmenbeschluss, den die Bundesrepublik nun umsetzt und der die Kinderpornographie in seinen Erwägungsgründen zutreffend als eine besonders schwere Form der sexuellen Ausbeutung von Kindern – gemeint sind damit Personen unter achtzehn Jahren – bezeichnet.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries