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Frage von Harro M. •

Frage an Brigitte Zypries von Harro M. bezüglich Staat und Verwaltung

Verehrte Frau Bundesministerin und MdB Zypriess,

Lese heute Ihre Aussage vor dem dbb: „Schlankheitswahn hätten nicht nur Frauen sondern auch politische Ideologen“ - betr. Schlanker Staat.
Liegen Sie hier nicht total falsch?
Am Sonntag in der WamS unter „Contra 1968er“ wird erwähnt, dass die 68er mithalfen die Verwaltungen aufzublähen. Ich füge hinzu: Nicht nur die. „Und daran knappern wir heute noch“. – Wie wahr!!
Anderswo heißt es immer wieder, 60% der Juristischen Weltliteratur kommen aus der BRD.
Außerdem stöhnen wir in allen 16 Verwaltungen unter den hohen teilweise mehr als 50% Personalkosten.
Lt. Schuldenmonitor bei der Bertelmannstiftung sind Schuldenberge in den Ländern und dem Bund seit 1970 aufgehäuft worden.
Gem. der Schuldenuhr beim Bund der Steuerzahler haben wir aufgrund dieser aufgeblähten Verwaltungen € Bio. 1,5 Billionen (obwohl 2000 und 2001 € 51 Mrd. UMTS-Lizenzeinnahmen gutgeschrieben wurden) bald erreicht. Oft kamen u.a. zusätzliche Wahlgeschenke zum Machterhalt, Machterzielung hinzu, Blühende Landschaften aus der Portokasse (halte die Wiedervereinigung trotzdem für ein epochales, einmaliges Ereignis – Dank sei den friedlich demonstrierenden, heute Jungen Bundesbürgern -, aber von der Politik unter falschen Vorzeichen veranlasst) und vor allem seit Jahren keinerlei Politische Schritte hin zu Konsumtiver Kostenreduzierung am eigenen Platz oder durch Länderneugliederung.
Vor allem aber keine Hinweise auf die durch die Aufblähung in Zukunft fälligen Vorsorgelasten – siehe Prof. Raffelhüschen.
Dürfen Sie als Person an der Schaltzentrale davon reden, es brauche keines Bürokratieabbaues, keines Schrittes hin zum Schlanken Staat?
Wollen Sie eher, dass unsere Kinder und Kindeskinder an den vorwiegend von den Politisch Verantwortlichen der Vergangenheit aufgehäuften Schuldenbergen tragen müssen.
Derrière nous le deluge darf doch Ihr Leitspruch nicht sein?

Grüsse und mit der Bitte verbunden, eine Klarstellung Ihrer Hypothese vorzunmehmen.

Harro Maier

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Maier,

ich denke, wir verstehen beide etwas Unterschiedliches unter dem Begriff "Schlanker Staat". Meine These stelle ich deshalb gerne klar.

In der von Ihnen zitierten Rede ging es mir um die Privatisierung öffentlicher Güter, nicht um Bürokratieabbau. Es gibt wichtige und zentrale Aufgaben, die nur von der öffentlichen Hand zu erfüllen sind, weil sie von privatwirtschaftlichen Unternehmen nicht adäquat ausgeführt werden und weil der Staat für ihre Bereitstellung die Verantwortung trägt. Die Aufgaben von Polizei und Justizvollzugsbehörden beispielsweise müssen weiterhin vom Staat erfüllt werden, denn diese Aufgaben sind oft mit einem Eingriff in die Freiheit von Bürgerinnen und Bürgern verbunden. Die Ausführung durch ein Privatunternehmen bietet nicht den gleichen rechtsstaatlichen Schutz wie eine Erfüllung durch den Staat. Auch führt die Privatisierung von Dienstleistungen nicht immer zu Verbesserungen.

Ich habe in der selben Rede aber auch darauf hingewiesen, dass es durchaus Bereiche gibt, in denen sich der Staat mehr zurückziehen muss. Brauereien und Weingüter beispielsweise können sicher besser privat
bewirtschaftet werden als durch den Staat. Hier muss sich der Staat auch mehr zurückziehen. Wichtig ist nur eine differenzierte Betrachtung der unterschiedlichen Aufgaben.

Die Forderung nach Bürokratieabbau und einem Abbau der Verschuldung, die Sie ansprechen, ist eine ganz andere Frage. Ich stimme Ihnen zu, dass der Staat bei der Erfüllung seiner Aufgaben möglichst effizient vorgehen soll. Mein sozialdemokratischer Kabinettskollege Peer Steinbrück führt hier konsequent den Weg fort, den sein Vorgänger Hans Eichel begonnen hat. Wir senken die Kosten im Rahmen des Möglichen und reduzieren so die Neuverschuldung. Das ist auch mit großen Einschränkungen verbunden.
Jedes Jahr werden alle Ausgaben des Staates neu auf den Prüfstand gestellt. Dies ist auch sehr erfolgreich: Nach den aktuellen Planungen wird es uns im Jahr 2011 erstmals seit 1969 wieder gelingen, einen
ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

Für weitere Ausführungen hierzu, verweise ich Sie auf den vollständigen Text meiner Rede vor dem Deutschen Beamtenbund (dbb), den Sie unter www.bmj.de nachlesen können.

Mit freundlichen Grüßen

Brigitte Zypries