Portrait von Brigitte Zypries
Brigitte Zypries
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Brigitte Zypries zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Guntram S. •

Frage an Brigitte Zypries von Guntram S. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Zypris,

in einem Umgangsverfahren musste ich erleben, dass ein Gerichtspsychologe sein eigenes Gutachten mit der Bemerkung "Die Realität hat wohl das Gutachten überholt" entkräftete.

Meiner Auffassung nach KÖNNEN Psychologen in einer Trennungssituation die Realität gar nicht sehen, denn sonst müssten sie permanent das Geschehen mit verfolgen.

Ich bin der ernsthaften Auffassung, dass psychologische Gutachten in Deutschland manchmal nur dem Zweck dienen, ein Fehlverhalten beim Umgang durch die betreuenden Mutter zu decken.

Es ist auch ohne psychologische Kenntnisse leicht nachvollziehbar, dass ein Umgangsberechtigter nur noch wenig die Kinder in ihrer Einstellung beeinflussen kann, da hierzu die Zeit fehlt.

Lehnt also ein Kind den Umgangsberechtigten ab, kann eigentlich im Regelfall davon ausgegangen werden, dass die Mutter das Kind entweder unterbewusst (sicher der häufigere Fall) oder bewusst gegen den Ex-Partner aufbringt.

Auch liegt beim Betreuenden im Regelfall ein Motiv für derartiges Verhalten vor, nämlich den bequemen Status der Betreuenden-Rolle mit entsprechenden Ansprüchen (Unterhalt, eheliche Wohnung) zu erhalten, indem die Kinder dauerhaft gebunden werden.

Ist es nicht angebracht, auf psychologische Gutachten in Zukunft im Regelfall zu verzichten und statt dessen nur bei tatsächlichem Verdacht auf Misshandlungen kriminaltechnisch zu ermitteln?

Mit freundlichem Gruß,

Guntram Seiß

Portrait von Brigitte Zypries
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Seiss,

maßgebendes Kriterium für Gerichtsentscheidungen im Kindschaftsrecht, insbesondere im Bereich Sorge- und Umgangsrecht, ist das Wohl des Kindes. Eine gerichtliche Kindeswohlprüfung muss die Umstände des konkreten Einzelfalls (z.B.Interesse des Kindes an Förderung und Kontinuität, Bindungen des Kindes, Wille des Kindes) einbeziehen und gewichten. Diese Aufgabe ist insbesondere dann schwierig, wenn die Eltern sich im Trennungskonflikt befinden und gegenläufige Ziele verfolgen. Der in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren geltende Amtsermittlungsgrundsatz soll dabei eine umfassende Abklärung der tatsächlichen Umstände ermöglichen. Dabei hat das Familiengericht die eventuell gegenläufigen Interessen im Wege der Anhörung sowie bei Bedarf ergänzend durch Einholung von psychologischen Sachverständigengutachten zu ermitteln. Ein Verzicht auf psychologische Gutachten in Gerichtsverfahren über das Umgangs- oder Sorgerecht erscheint mir nicht angebracht. Vielmehr kann für eine kindeswohlgerechte Entscheidung im Einzelfall erforderlich sein, ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Hält ein Betroffener eine vom Gericht vorgenommene Abwägung für unzutreffend, hat er die Möglichkeit, gegen die Entscheidung Rechtsmittel einzulegen und sie in der nächsten Instanz überprüfen zu lassen.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries