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Frage von Michael K. •

Frage an Brigitte Zypries von Michael K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Bundesministerin Frau Zypries,

in der Öffentlichkeit versuchen Sie die Vorratsdatenspeicherung dadurch zu verharmlosen, daß Sie behaupten, die Telekommunikationsdienstanbieter speichern ohnehin die Verbindungsdaten bis zu 6 Monaten zu Abrechnungszwecken. Aus diesem Speichern "Können" wird lediglich ein Speichern "Müssen".

Laut einer Bundesverfassungsgerichtsentscheidung (/BVerfG, 1 BvR 1811/99 vom 27.10.2006) dürfen Verbindungsdaten bei Flatratekunden nicht gespeichert werden da sie u.a. für Abrechnungszwecke nicht benötigt werden. Nach Rücksprache mit meinem Telekommunikationsdienstanbieter (Rechtsabteilung) werden von mir keinerlei Verbindungsdaten gespeichert da ich eine Flatrate habe. In Deutschland haben die meisten Kunden Flatrates, somit werden in den meisten Fällen keine Verbindungsdaten gespeichert. Ich sehe in Ihrer Aussage einen erheblichen Widerspruch zur tatsächlichen Situation.

Ich gehe davon aus, daß Sie diese für die freiheitsliebenden Bürger wichtige Entscheidung der Verfassungshüter (wohl in weiser Voraussicht) nicht kennen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß von der obersten Vertreterin der Justitia, welches für die Wahrheit und Gerechtigkeit steht, bewußt Halbwahrheiten produziert und Nebelkerzen gezündet werden. Liege ich in meiner Annahme richtig? Für eine zufriedenstellende Antwort danke ich Ihnen im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen
Kowatsch

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kowatsch,

die Telekommunikationsunternehmen sind bei Flat-Rate-Tarifen verpflichtet, die anfallenden Daten unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, zu löschen (§ 96 Abs. 2 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes (TKG)), weil sie die Daten nicht zu Abrechnungszwecken benötigen. Es ist ihnen allerdings nicht verwehrt, die Daten zur Störungs- und Missbrauchsermittlung nach §§ 100, 101 TKG zu speichern, also zum Beispiel zur Aufdeckung von rechtswidrigen Inanspruchnahmen ihrer Dienste oder zum Feststellen belästigender oder bedrohender Anrufe, was § 96 Abs. 2 TKG ausdrücklich zulässt. Die Unternehmen können daher auch bei Flat-Rates Verkehrsdaten für einen gewissen Zeitraum speichern.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Oktober 2006 (1 BvR 1811/99) zur Speicherung von Verkehrsdaten bei Prepaid-Karten. Das Gericht musste auf diese Aspekte der Störungs- und Missbrauchsermittlung sowie der ankommenden Verbindungen im konkreten Fall nicht eingehen.

Zu der Verbreitung von so genannten Flat-Rate-Tarifen liegen mir keine verlässlichen Aussagen oder Statistiken vor. Ich möchte aber auch bezweifeln, dass "die meisten Kunden" über Flat-Rates verfügen, auch wenn eine zunehmende Verbreitung anzunehmen sein wird. Ich halte daher an meiner Aussage fest, dass die künftig für sechs Monate zu speichernden Daten im Wesentlichen die Verkehrsdaten sind, die von den Telekommunikationsunternehmen schon heute üblicherweise zu Abrechnungs- oder sonstigen Zwecken gespeichert werden.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries