Frage an Brigitte Zypries von Beata P. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Die von Ihnen am 29.10.07 behauptete Schädlichkeit der bilingualen Erziehung
Bielefeld, den 06.12.2007
Sehr geehrte Damen und Herren,
als Sprachwissenschaftlerin, Dolmetscherin und Lektorin für Polnisch an der Universität Bielefeld tätig, wurde ich nie mit der Schädlichkeit der bilingualen Erziehung der Kinder konfrontiert.
Auch mein Berufsverband in Deutschland erteilt mir keine Antwort, warum eine bilinguale Erziehung nicht dem Kindeswohl entspricht und ob es wissenschaftliche Quellen gibt, die Ihre These vom 29.10.2007 über die Schädlichkeit der bilingualen Erziehung bestätigen.
(Ihre These : http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-650-5639--f65275.html#frage65275 )
Daher suche ich bei Ihnen Hilfe in dieser Angelegenheit und möchte Sie bitten meine Fragen zu beantworten.
1) woher Ihnen, Ihrem Ministerium bekannt ist (wiss. Quelle), dass zweisprachige Erziehung für ein Kind schädlich ist oder sein kann?
2) ob Ihrem Ministerium wissenschaftliche Publikationen/ Belege vorliegen, welche die zweisprachige Erziehung der binational erzogenen Kinder belegen?
3) ob Ihnen etwas bekannt ist, über die Projekte, die zweisprachige Erziehung/ Sprachbildung und deren Schädlichkeit für ein Kind belegen sollen?
Für Ihre Mühe danke ich Ihnen im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Beata Pokrzeptowicz-Meyer
Sehr geehrte Frau Pokrzeptowicz-Meyer,
ich habe in meiner Antwort vom 29.10.2007 keineswegs behauptet, dass bilinguale Erziehung für ein Kind schädlich ist. Vielmehr habe ich damals ausdrücklich betont, dass die bilinguale Erziehung, egal in Verbindung mit welcher Sprache, in Deutschland sehr geschätzt und unterstützt wird.
Mein Hinweis, dass es Einzelfälle geben kann, in denen unter Umständen eine bilinguale Erziehung nicht dem Kindeswohl entspricht, war ungenau. Gemeint ist nicht die Zweisprachigkeit an sich, sondern vielmehr der Umgang des Kindes mit der Person, die die zweite Sprache spricht. Dies kann in Fällen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs, bei Gewaltbereitschaft eines Elternteils oder drohender Entführungsgefahr ein Problem sein. In diesem Fall kann das Familiengericht, solange dies aus Gründen des Kindeswohls erforderlich ist, eine Beschränkung bei der Sprache auferlegen (§ 1684 Absatz 4 Satz 1 BGB).
Zur Unterstützung bei der Lösung internationaler Kindschaftskonflikte wurde in Jahr 2000 beim Bundesministerium der Justiz der Arbeitsstab Kind (AS Kind) geschaffen. Dieser hat in den vergangenen Jahren in zahlreichen Fällen auf Anfrage von ausländischen Regierungen, Gerichten, Jugendämtern, Rechtsanwälten und Einzelpersonen in internationalen Kindschaftsstreitigkeiten Hilfestellung geleistet oder vermittelt und dabei vielfältige Erfahrungen gesammelt, wie bei grenzüberschreitenden Kindschaftskonflikten die typischerweise auftretenden Probleme verringert oder gänzlich vermieden werden können.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries