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Frage von Rosemarie K. •

Frage an Brigitte Zypries von Rosemarie K. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Zypries,

vor kurzem rief mich eine Mitarbeiterin eines Call-Centers an und warb für ein bestimmtes DSL-Paket. Da ich bei dem Unternehmen bereits Kunde war und das Paket für mich preislich lukrativ, vereinbarte ich einen Vertrag, der mir noch zugeschickt werden sollte. Leider, so erfuhr ich zwei Tage später, könne ich das bestellte Paket nicht haben, da dies leitungstechnisch nicht ginge. Sie bot mir ein anderes, teureres DSL-Paket an. Ich bat um Bedenkzeit und fragte nach ihrer Nummer wegen eines Rückrufs. Sie sagte, das ginge nicht, sie wolle mich in ein paar Tagen wieder kontaktieren. Statt eines Anrufs erhielt ich einige Zeit später einen Willkommensbrief als DSL-Kundin und die entsprechenden Geräte sowie die Software. Ich beschwerte mich, dachte, die Sache sei nun erledigt, was sie aber nicht war. Anhand meines "Kontos" sei klar, hieß es nach einem weiteren Telefonat, ich habe das DSL-Paket bestellt. Ich könne nur noch kündigen. Ich kündigte, was ich widersinnig fand, da ich ja nichts bestellte hatte. Es blieb mir aber erstmal nichts anderes übrig. Dann erhielt ich die Rechnung für einen Monat. Die allerdings war nach einem Gespräch mit einer Beraterin bei der ÖRA (Öffentlichen Rechtsauskunft) und einem von ihr an das Unternehmen gerichteten Brief gegenstandslos.
Zwei Fragen nun an Sie, Frau Zypries, als Justizministerin:
Wann initiieren Sie endlich ein Gesetz, dass am Telefon abgeschlossene Verträge verbietet, bzw. für null und nichtig erklärt?
Wie treten Sie der Entwicklung entgegen, durch die MitarbeiterInnen von Call-Centern, um ihren Arbeitsplatz zu erhalten, gezwungen sind, zu betrügen und damit kriminell zu werden?

Mit freundlichem Gruß
Rosemarie Kraft

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Kraft,

es tut mir leid, dass Sie solche Schwierigkeiten mit Call-Centern hatten. Ich bin mir ganz sicher, dass die weitaus überwiegende Zahl der Unternehmen in der Call-Center-Branche redlich arbeitet. Leider gibt es aber auch hier "schwarze Schafe", deren Opfer Sie wurden. Mir ist klar, dass Sie damit viel Ärger und großen Aufwand hatten. Ich freue mich aber, dass Sie nicht "klein beigeben", sondern sich gewehrt haben - und das auch mit Erfolg!

Ich kann nachvollziehen, dass man - nach einem solchen Erlebnis - zuerst daran denkt, man sollte einen wirksamen Vertragsabschluss am Telefon überhaupt nicht mehr zulassen. Aber bitte bedenken Sie, dass das gravierende Folgen für viele Alltagsgeschäfte haben würde, die regelmäßig am Telefon geschlossen werden - ob es die Pizzabestellung oder die Lieferung von Heizöl ist. Oftmals ist es im Interesse des Kunden, dass er schnell und ohne langwierige schriftliche Bestätigungen telefonisch Bestellungen aufgeben kann.

Rechtlich ist es ohnedies so, dass ein Vertrag auch am Telefon nur zustande kommen kann, wenn der Kunde in einen solchen Vertrag einwilligt. Ein Unternehmen, das von Ihnen eine Zahlung verlangt, muss beweisen können, dass Sie mit einem entsprechenden Vertrag einverstanden waren. Dazu reicht es nicht aus, dass man Ihnen eine Rechnung schickt - denn die ersetzt nicht den Vertrag. Nach Ihren Schilderungen haben Sie niemals in einen Vertrag eingewilligt. Sie waren also auch rechtlich "auf der sicheren Seite", als Sie sich gegen die Zahlungsforderung gewehrt haben.

Allerdings müssen auch diejenigen Verbraucher stärker geschützt werden, die bei einem Werbeanruf tatsächlich einen Vertrag schließen. Denn oftmals ist man in dieser Situation überfordert und willigt in ein Geschäft ein, dessen Folgen man nicht übersieht oder das man nach etwas mehr Nachdenken nicht haben wollte. Bereits nach geltender Rechtslage haben Verbraucher bei vielen solcher Geschäfte das Recht, sie nachträglich zu widerrufen. Das Bundesministerium der Justiz arbeitet derzeit an einem Gesetzentwurf, mit dem unter anderem diese Widerrufsrechte nochmals erweitert werden.

Es freut mich, dass Sie in Ihrer Anfrage auch die mögliche Zwangslage der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Call-Centern nicht außer Acht lassen. In der Tat ist es denkbar, dass bei den "schwarzen Schafen" der Branche von den Mitarbeitern erwartet wird, sich unlauterer Methoden zu bedienen und diese es dann nicht wagen, durch Widerspruch und Weigerung ihren Arbeitsplatz zu gefährden. Grundsätzlich ist es arbeitsrechtlich natürlich nicht erlaubt, jemandem deswegen zu kündigen. Arbeitnehmer werden dennoch häufig angesichts der existentiellen Bedeutung ihres Arbeitsplatzes kein Risiko eingehen wollen. Ich erhoffe mir aber auch hier eine Besserung durch eine Änderung der Rechtslage, wie ich sie oben geschildert habe. Wenn die Verbraucher verbesserte Möglichkeiten zum Widerruf von telefonisch geschlossenen Verträgen haben, dürften sich unlautere Methoden für die Unternehmen kaum mehr lohnen. Verbraucher werden sich dann von ungewollten Geschäften einfach nachträglich wieder lösen. Das dürfte auch den Mitarbeitern das Leben erleichtern.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Brigitte Zypries