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Frage von Joachim P. •

Frage an Brigitte Zypries von Joachim P. bezüglich Recht

Sehr geehrte Justizministerin Brigitte Zypries,

vielen Dank für Ihre Antwort vom 15.11.07.
Ihr Bestreben klare gesetzliche Regelungen für "Deals" aufzustellen, die eine einwandfreie und rechtsstaatlich unbedenkliche Vorgehensweise gewährleisten, finde ich begrüßenswert. Meine Frage, wieweit die Rechte von Nebenklagen endlich den Rang erhalten, der ihnen gebührt, haben Sie nicht beantwortet!? Sie haben auch offen gelassen, wer bei einer "Verständigung" nach Ihren Vorstellungen in der öffentlichen Hauptverhandlung und unter Anhörung aller Beteiligter, wirklich Beteiligter, z. B. als Nebenkläger, ist?. Meine Frage ist, ob die von Ihnen als abgesichert beschriebenen vielfachen Hinweis- und Protokollierungspflichten für eine vollumfängliche Nachprüfung in der Rechtsmittelinstanz reichen? Werden endlich Wortprotokolle, verpflichtend ohne Antrag, in die Gerichtsverfahren eingeführt, statt diese weiterhin als Ergebnisprotokolle im Belieben der Vorsitzenden Richter/innen zu belassen? Erleben nicht alle Beteiligte der Verfahren außer Richtern/innen, Staatsanwälten/innen, Verteidiger/innen diese gesetzlich geregelten "Deals" als eine Obrigkeitsregelung nach Gutsherren/ -damen Willkür Akt der Gnade wie Ungnade Art mit und ohne Bart?
Warum diese halbherzige Vorgehensweise einer gesetzlich geregelten "Deal" Modifikation, statt des wirklichen Aufbaus einer den Hauptverfahren verpflichtend vor geschalteten, Kosten senkenden, Säule der Mediation in den Gerichten? Was meinen Sie dazu? Danke!

Mit freundlichem Gruß
Ihr ganz und gar Joachim Petrick

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Sehr geehrter Herr Petrick,

Ihre Einschätzung, dass eine gesetzliche Regelung der Verfahrensverständigung eine obrigkeitliche Entscheidung nach Gutsherrenart befördern wollte, teile ich überhaupt nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Alle rechtsstaatlichen Verfahrensstandards sind einzuhalten und das Gericht muss sich an die vom Strafgesetzbuch vorgegebenen Strafrahmen halten.

Zu Ihren weiteren Fragen:

- Nebenklage: Nach meinen Vorstellungen soll auch die Nebenklage in den Prozess der Verständigung eingebunden werden. Zu der Bekundung des Gerichtes, welchen Inhalt eine Verständigung haben könnte, sollen die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Zu den Verfahrensbeteiligten gehören auch die Nebenklägerin und der Nebenkläger. Dies wird in der Gesetzesbegründung ausdrücklich ausgeführt.

- Protokollierung: Eine Einführung sogenannter "Wortprotokolle", also die wörtliche Protokollierung all dessen, was in der Hauptverhandlung gesagt wurde, ist nicht vorgesehen. Die wesentliche Funktion des Protokolls besteht darin, in der Revisionsinstanz die Prüfung zu ermöglichen, ob die für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen wesentlichen Förmlichkeiten eingehalten worden sind. Die Revision stellt keine Rekonstruktion der Hauptverhandlung aus der ersten Instanz dar. Sie ist auf eine Rechtskontrolle des Urteils gerichtet. Dafür sind das Urteil selbst zu prüfen sowie die Einhaltung der Verfahrensförmlichkeiten in erster Instanz. Kommt es zu einer Verständigung, so ist deren wesentlicher Ablauf, Inhalt und Ergebnis zu protokollieren sowie die Beachtung der vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen durch das Gericht. Im Protokoll ist auch zu vermerken, wenn eine Verständigung nicht stattgefunden hat. Damit wird das Revisionsgericht in die Lage versetzt, alle bedeutsamen Verfahrensförmlichkeiten auch einer Verständigung zu überprüfen.

- Mediation: Bereits mit dem Gesetz zur Verankerung des Täter-Opfer-Ausgleichs aus dem Jahre 1999 wurde festgeschrieben, dass Staatsanwaltschaften und Gerichte in jedem Stadium des Verfahrens die Möglichkeit prüfen sollen, einen Ausgleich zwischen Beschuldigtem und Verletztem zu erreichen. In geeigneten Fällen sollen sie darauf hinwirken. Gegen den ausdrücklichen Willen des Verletzten darf eine solche Eignung aber nicht angenommen werden.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries