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Frage von Simon T. •

Frage an Brigitte Zypries von Simon T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Zypries,

bei der von Ihnen und Ihrem Ministerium mitgetragenen Vorratsdatenspeicherung sind, wie Sie bereits in Ihrer Antwort an Herrn Brückner ausgeführt haben, Einschränkungen vorgesehen.

Sie schrieben dazu: "Es handelt sich bei diesen Daten nicht um Kommunikationsinhalte, sondern lediglich um Verbindungsdaten, die nicht beim Staat, sondern bei den Unternehmen, bei denen die Daten ohnehin anfallen, gespeichert werden und auf die staatliche Stellen nur unter sehr engen Voraussetzungen Zugriff haben."

Ferner: "Zudem wird die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme durch strikte verfahrensmäßige Vorkehrungen, wie insbesondere Benachrichtigungs- und Löschungspflichten, sichergestellt."

Am ETSI in der Arbeitsgruppe (TC) LI / SECLI wurden Verfahren und Geräte spezifiziert, die meinem Eindruck nach geeignet sind, beide Einschränkungen technisch und praktisch auszuhebeln.

Es soll dann von aussen (z.B. durch meinen TK-Anbieter) nicht erkennbar sein, ob oder wer abgehört wird. Eine Spezifikation, die zur Unterstützung der Benachrichtigung oder Löschung dient, habe ich (jedenfalls beim ETSI) nicht ausmachen können. Das scheint dort auch nicht so wichtig zu sein.

Als Informatiker ist mir bekannt, das der unnachvollziehbare Zugriff (durch die Behörden) durchaus machbar ist. Ebenso wie akzeptable Lösungen zu Benachrichtigung bzw. Löschung - die müssten dann aber auch mal spezifiziert werden.

Es wird also um so mehr auf die verfahrensmässigen Vorkehrungen ankommen. Meine Fragen lauten daher:

1) Durch welche Massnahmen sollen die erwähnten Einschränkungen, insbesondere das Recht auf Benachrichtigung, effektiv sein können?

2) Mein Eindruck ist, das die ETSI TC LI-Normen bei der VDS anwendbar sind. Gibt es entsprechende Pläne?

3) Wie kann ich der Wahrung eines Rechtes sicher sein, wenn die Umgehungstechnologie bereits detailliert ausgearbeitet ist oder gar zum Einsatz kommt?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Thum,

zu Ihren drei Fragen:

1. Die Pflicht, die betroffenen Personen nach der Beendigung einer verdeckten Ermittlungsmaßnahme von dieser zu benachrichtigen, obliegt nicht den Telekommunikationsunternehmen, sondern den Strafverfolgungsbehörden. Das ist im Einzelnen in § 101 der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Dort finden sich auch die Regelungen zu Kennzeichnungs- und Löschungspflichten sowie über die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme nachträglich durch das Gericht überprüfen zu können.

2. ETSI ist die Abkürzung für "European Telecommunications Standards Institute" (Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen). Die dortige Arbeitsgruppe TC LI (Technical Committee Lawful Interception) hat in der Vergangenheit technische Standards zu Überwachungsfunktionalitäten erarbeitetet. Diese betreffen die technische Umsetzung von Maßnahmen zur inhaltlichen Überwachung der Telekommunikation, wie dies etwa nach § 100a StPO vorgesehen ist. Auf die Speicherung von oder die Auskunftserteilung über Verkehsdaten sind diese bisherigen Standards nicht anwendbar.

Seit Ende 2006 beschäftigt sich die Arbeitsgruppe TC LI aber auch mit der Erarbeitung eines technischen Standards zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2006/24/EG zur sogenannten "Vorratsdatenspeicherung". Diese Arbeiten sind nach meinen Informationen noch nicht fertiggestellt, etwaige Dokumente hierzu daher auch noch nicht öffentlich verfügbar.

3. Mir ist unklar, was Sie mit "Umgehungstechnologie" meinen. Bei ETSI ist man meines Wissens bemüht, die Anforderungen, die sich aus der vorgenannten EU-Richtlinie und den ggf. ergänzenden nationalen Rechtsvorschriften ergeben, genau und ohne Umgehungsmöglichkeiten zu erfüllen. Im Übrigen obliegt es der (weiteren) nationalen Rechtssetzung, ob und wie ein solcher Standard in einem bestimmten Land eingesetzt werden darf. In Deutschland werden dazu Festlegungen in einer technischen Richtlinie zu treffen sein. Zuständig ist hierfür nach § 110 Abs. 3 Telekommunikationsgesetz die Bundesnetzagentur, auf deren Internetseite die Technische Richtlinie zu veröffentlichen ist.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries