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Frage von Falk P. •

Frage an Brigitte Zypries von Falk P. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Zypries,

beim neuen Unterhaltsrecht, wer entscheidet, ob Betreuungs-, Ehegatten-, Aufstockungsunterhalt noch geschuldet wird? Wieder die ohnehin hoffnungslos überlasteten Familiengerichte? Warum gibt es so viele Ausnahmetatbestände? Sehen Sie nicht auch die Gefahr, dass die Ausnahmetatbestände zum Regelfall werden?

Und jetzt eine Grundfrage: Warum wurde beim Unterhaltsrecht das Verursacherprinzip komplett negiert?

Mein Ex-Frau ist fremdgegangen, sie hat sich nach nur einem Jahr von mir getrennt, sie lebt seit dem mit ihrem neuen Partner zusammen, ohne dass dieser bei ihr einzieht (logisch, der Unterhaltsanspruch wäre sonst dahin), sie hat die Scheidung eingereicht. Selten war die Schuldfrage so eindeutig. Warum wurde beim Unterhaltsrecht das Verursacherprinzip negiert? Ich fühle mich extrem ungerecht behandelt.

Vor allem leiden meine neue Frau und unser gemeinsames Kind darunter, denn beide wurden nach 4 Monaten durch die Notwendigkeit der 100%igen Arbeitsaufnahme meiner Frau (anders wären wir finanziell nicht überlebensfähig) voneinander getrennt mit der Begründung, dass eine andere Frau mit ihrem 4-jährigen Kind daheim bleiben kann. Ist das gerecht? Nein! Das ist Recht.

Also zwei Fragen:

- Wer bestimmt ab 1.1.2008 über die Höhe des Betreuungs-, Ehegatten- oder sonstigen Verflossenenunterhalts? Wie kommt man zu einer neuen Regelung?

- Warum wird beim Unterhaltsrecht das Verursacherprinzip völlig negiert?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Pschebezin,

das neue Unterhaltsrecht ändert leider nicht daran, dass im Streitfall der Unterhalt festgelegt werden muss. Dafür sind nach unserer Verfassung - auch weiterhin - die Gerichte zuständig. Ich entnehme Ihrer Anfrage, dass Sie erneut geheiratet und ein gemeinsames Kind haben. Sollte das Kind noch keine drei Jahre sein, hätte Ihre Ehefrau Anspruch auf Betreuungsunterhalt, wenn sie das Kind betreut. Ob und inwieweit das der Fall ist, kann ich aber nicht beurteilen. Dazu sollten Sie sich im Zweifel beraten lassen. Sollten Sie sich mit Ihrer früheren Frau nicht verständigen können, können und müssen Sie möglicherweise eine Abänderungsklage erheben.

Mit Ihrer Frage nach dem "Verursacherprinzip" sprechen Sie das "Verschulden" einer Scheidung an. Es ist richtig, dass sich der Gesetzgeber bereits mit der Eherechtsreform 1976 aus guten Gründen dagegen ausgesprochen hat, ein "Verschulden" bei der Scheidung zu berücksichtigen. Ganz selten wird allein einem der Ehepartner das Scheitern der Ehe feststellbar vorzuwerfen sein. Das Gesetz sieht aber gleichwohl vor, dass ausnahmsweise, bei "grober Unbilligkeit" ein Unterhaltsanspruch verwirkt sein kann. Auch darüber müssen aber im Einzelfall die Gerichte entscheiden.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Brigitte Zypries