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Frage von Florian P. •

Frage an Brigitte Zypries von Florian P. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Zypries,

ich habe eine eher allgemeine Frage zum Urheberrecht. Als kleine Vorbemerkung möchte ich festhalten, dass ich zu den Menschen gehöre, die keinerlei Kopien von CDs und DVDs besitzen und auch der Meinung sind, dass Künstler entlohnt werden sollten wenn man deren Werke konsumiert.

Was mich aber seit einiger Zeit bewegt, ist die Verschärfung des Urheberrechts. Ursprünglich wurde das Urheberrecht doch eingeführt um Kreativen einen Anreiz zu geben mehr zu produzieren. Im Gegenzug gewährte der Staat ein Schutzrecht auf Zeit auf dieses Produkt. Das Ziel war aber, der Allgemeinheit mehr Kulturprodukte zur Verfügung zu stellen. Inzwischen sieht es aber so aus, dass das Urheberrecht als Naturrecht angesehen wird und die Produktion von Kulturgütern maximiert wird, auf Kosten der Freiheit der Allgemeinheit, die offensichtlich in gewissem Umfang kopieren möchte.

Müsste man hier nicht wieder eine Balance finden, die nicht darauf abzielt Urheber und Konsumenten auf Augenhöhe zu bringen, denn es war ja nie das Ziel den wenigen Urhebern einen Vorteil auf Kosten der restlichen Bevölkerung zu schaffen, sondern ein Gleichgewicht zu schaffen zwischen dem Anreiz für Urheber etwas zu produzieren und der Freiheit der Allgemeinheit mit Kulturgütern zu tun, was sie möchte?

Möglicherweise würde das dazu führen, dass etwas weniger Kulturgüter entstehen, aber die Frage ist ob das in anbetracht der großen Zahl solcher Güter so tragisch wäre. Zudem ist es zweifelhaft ob es überhaupt weniger Kulturgüter geben würde, denn diejenigen, die schärfere Gesetze und Möglichkeiten der Verfolgung fordern, verdienen ja auch mit Kopien recht gut und diejenigen, die nicht davon leben können, haben meistens ohnehin einen idealistischeren Bezug zur Kunst.

Meine Frage ist also ob wir inzwischen nicht mit einer falschen Grundeinstellung an Urheberrechte herangehen und ob das Gemeinwohl nicht wieder stärker im Mittelpunkt stehen müsste.

Mit freundlichen Grüßen
Florian Purucker

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Purucker,

meine "Grundeinstellung" zum Urheberrecht ergibt sich aus dem Grundgesetz. Nach dessen Artikel 14 ist Eigentum ein vom Staat zu schützendes Grundrecht - und dazu gehört auch das geistige Eigentum des Urhebers an seinen Werken. Über diese Rechtsposition kann sich der Gesetzgeber nicht einfach hinwegsetzen. Es steht ihm daher auch nicht zu, den Schutz des geistigen Eigentums zu verringern, nur weil es - wie Sie meinen - schon "genug" Kulturgüter gebe.

Was der Gesetzgeber tun kann, legt auch das Grundgesetz fest: Er kann Inhalt und Schranken des Eigentums durch ein Gesetz bestimmen. Dabei muss er aber die Interessen aller Betroffenen gegeneinander abwägen. Das Urheberrechtsgesetz ist eine solche Regelung. Es schränkt das geistige Eigentum des Urhebers zugunsten Dritter ein und schafft die - auch von Ihnen geforderte - Balance zwischen dem Recht der Urheber an ihrem geistigen Eigentum und den Belangen des Gemeinwohls.

Ein Beispiel ist das Recht, Privatkopien von urheberrechtlich geschützten Werken anzufertigen: Die jüngsten Änderungen des Urheberrechtsgesetzes (Erstes und Zweites Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft, so genannter „Erster und Zweiter Korb“) haben klar gestellt, dass dieses 1965 geschaffene Recht weiterhin gilt - für digitale und analoge Kopien. Der Urheber hat jedoch das Recht, durch technische Schutzmaßnahmen zu verhindern, dass sein Werk kopiert wird. Er kann so sein geistiges Eigentum schützen. Und wenn ein Werk kopiergeschützt ist, darf dieser Kopierschutz nicht umgangen werden. Jede andere Regelung hätte das geistige Eigentum von Urhebern weitgehend entwertet. Zudem war der deutsche Gesetzgeber auch durch europäisches Recht verpflichtet, für einen angemessenen Rechtsschutz gegen die Umgehung von technischen Schutzmaßnahmen zu sorgen.

Die Balance zwischen dem Recht am geistigen Eigentum und den Belangen des Gemeinwohls bleibt dabei stets gewährleistet: Das Urheberrechtsgesetz schreibt ausdrücklich vor, dass auch bei Verwendung technischer Maßnahmen zum Kopierschutz die geschützten Werke für die Nutzung etwa durch behinderte Menschen, für den Schul- und Unterrichtsgebrauch sowie für die Forschung zugänglich sein müssen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Brigitte Zypries