Frage an Brigitte Zypries von roland D. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Ministerin,
ich gehöre zu den vielen Menschen in diesem Land, die unter der langen Dauer der Scheidungsverfahren leiden und darunter daß die Anwälte ungeniert mit der langen Verfahrensdauer drohen um ungerechtfertigte Vorteile zu erpressen. Wann tritt endlich die Unterhaltsrechtsreform in Kraft? Wird das Scheidungsverfahren reformiert und der Folgesachenunsinn eingeschränkt.? Er bringt zusätzlich zur Trennung nur Erpressungspotential und Leid.
Mit freundlichem Gruß
Dr.Dieterich
Sehr geehrter Herr Dr. Dieterich,
wie Sie sicherlich bereits aus der Presse wissen, hat der Deutsche Bundestag die Reform des Unterhaltsrechts am 9. November 2007 verabschiedet. Das Gesetz wird nun dem Bundesrat zugeleitet, der sich am 30. November 2007 nochmals mit ihm befassen wird. Anschließend wird es dem Bundespräsidenten zur Ausfertigung übersandt, dann im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Das neue Unterhaltsrecht soll zum 1. Januar 2008 in Kraft treten.
Eine Reform des Ehescheidungsverfahrens ist derzeit nicht geplant. In dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz – FGG-RG), BT-Drs. 16/8308, sind die zunächst vorgesehenen Regelungen über ein vereinfachtes Scheidungsverfahren nicht mehr enthalten.
Allerdings wird es durchaus Verfahrensänderungen bei Ehescheidungen geben. Scheidungswilligen Ehegatten wird die Möglichkeit gegeben, die Verfahrenskosten zu reduzieren, indem der Antragsgegner der Scheidung zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Gerichts oder in der mündlichen Verhandlung zustimmt. Die bisherige Verknüpfung des Verfahrensrechts mit dem materiellen Scheidungsrecht, nach der eine Regelung über bestimmte Scheidungsfolgen die Voraussetzung für die unwiderlegbare Vermutung für das Scheitern der Ehe ist, soll entfallen. Feststellungen zum Scheitern der Ehe sind bei beiderseitiger Scheidungswilligkeit dann nicht mehr erforderlich. Darüber hinaus wird dem Familiengericht die Möglichkeit gegeben, die Ehegatten zunächst darauf zu verweisen, zu den Folgen der Scheidung einzeln oder gemeinsam an einem Informationsgespräch über Mediation oder einer sonstigen Form außergerichtlicher Streitbeilegung teilzunehmen und eine Bestätigung hierüber vorzulegen. Die Vorschrift soll vor dem Hintergrund von Bemühungen auf europäischer Ebene zur Förderung von Mediation und sonstige Möglichkeiten außergerichtlicher Streitbeilegung in das Verfahrensrecht aufgenommen werden.
Der Verbund der Scheidungssache mit den Folgesachen soll zum Schutz des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten erhalten bleiben. Gleichzeitig soll er – wie bisher – übereilten Scheidungsentschlüssen entgegenwirken. Dennoch werden gewisse Modifikationen vorgenommen: Diese betreffen im Wesentlichen die Frage, in welchen Fällen Kindschaftssachen in den Verbund einbezogen werden sowie die Abtrennung von Folgesachen. So soll es eine erleichterte Abtrennung des Versorgungsausgleichs geben, um allzu große zeitliche Verzögerungen der Scheidung zu vermeiden.
Schließlich sollen mit der Einführung des Großen Familiengerichts alle durch Ehe und Familie verbundenen Rechtsstreitigkeiten in einer Zuständigkeit zusammengefasst werden. Auf diese Weise können ineffektive und zudem für alle Beteiligten belastende Verfahrenverzögerungen, Aussetzungen und Mehrfachbefassungen verschiedener Gerichte verhindert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Brigitte Zypries