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Frage von Daniela D. •

Frage an Brigitte Zypries von Daniela D. bezüglich Recht

Sehr geehrete Frau Zypries,

Zitat: "Die Helden, die Idole dieser Kinder, heißen Sido, Bushido, Frauenarzt und King Orgasmus One. Es sind Porno-Rapper. Viele ihrer Songs werden nie im Radio gespielt, weil sie auf dem Index stehen. Sie sind als jugendgefährdend eingestuft. Trotzdem werden sie vorwiegend von Jugendlichen gehört. Und von Kindern. Im Internet kann sie jeder problemlos downloaden. Die Songs der Porno-Rapper sind Bestseller. Sido ist der berühmteste. Der Hit, der ihn bekannt machte, ist der "Arschficksong". Darin besingt er, wie er ein kleines Mädchen, die Katrin, anal vergewaltigt: "Katrin hat geschrien vor Schmerz. Mir hat´s gefallen... Ihr Arsch hat geblutet. Und ich bin gekommen." www.stern.de/deutschland/politik/581936.html?p=3&nv=ct_nv

Warum werden solche Sänger nicht verurteilt und bestraft für das was sie verbreiten. Warum zensiert man nicht im Internet und in den Medien solche Musik und alles was mit Pornographie zu tun hat ? Andere Länder tun das auch, um ihre Bevölkerung vor dem moralischen Verfall und der Verwarlosung zu schützen.

Rechtsradikale Propaganda wird auch zensiert und den Neo-Nazis bietet man auch keine Plattform. Seiten werden im Internet gesperrt, die nicht politisch korrekt sind.

Warum läßt man aber solchen Dreck zu? Soll die Bevölkerung mit Absicht " verdorben" werden, damit Konsum und Sex das Volk abstumpfen und vom Wesentlichen ablenken?

mit freundlichen Grüßen

Daniela Doberstein
Mutter von 2 Kindern

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Sehr geeehrte Frau Doberstein,

ich halte den von Ihnen zitierten Liedtext für inakzeptabel und lasse prüfen, wie er rechtlich zu würdigen ist.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries

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Sehr geehrte Frau Doberstein,

über www.abgeordnetenwatch.de haben Sie mich am 27. Oktober 2007 auf den „Arschfick-Song“ von Sido aufmerksam gemacht. Ihre Empörung über den Inhalt des „Songs“ teile ich voll und ganz. Ich habe in dieser Sache auch Verschiedenes unternommen und es wird noch Weiteres zu unternehmen sein. Darüber möchte Sie heute informieren.

Unter den für Jugendschutz zuständigen Stellen ist inzwischen anerkannt, dass bei der Bewertung dieses „Songs“ einiges schief gelaufen ist. Leider ist für diesen Song auch nichts mehr daran zu ändern, dass Jugendliche ab 16 Jahren legal an ihn herankommen. Umso stärker ist mein Interesse, einen zweiten Fall dieser Art zu verhindern.

Ich versuche, dies der Reihe nach zu erklären.

Mit dem „Arschfick-Song“ hat sich erstmals, und zwar im Jahr 2004, die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) beschäftigt. Ihr lag ein Video- und Konzertclip vor, auf dem der Song enthalten war. Die FSK hat nach § 14 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) die Aufgabe zu bewerten, ob und gegebenenfalls ab welchem Alter ein Film für Jugendliche freigegeben werden kann, ohne sie in ihrer Entwicklung zu gefährden. Das ist auch bei jenem Video- und Konzertclip geschehen, auf dem – neben anderen – Sido mit dem „Arschfick-Song“ zu sehen und zu hören war. Die FSK entschied, dass der Clip ab 16 Jahren freigegeben werden könne. Persönlich kann ich dies ebenso wenig verstehen wie Sie; es gibt auch keine aktenmäßig festgehaltene Begründung zu jener Entscheidung. Vielleicht wurde die Brisanz dieses „Songs“ in der Menge anderer auf dem Clip enthaltener Songs schlicht überhört.

Im Jahr 2005 hatte dann auch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien den Song zu beurteilen, diesmal als Teil eines Samplers „AGGRO Ansage Nr. 1“, der verschiedene Songs mehrerer so genannter Porno-Rapper enthielt. Etliche Jugend- und Polizeibehörden hatten beantragt, „AGGRO Ansage Nr. 1“ in die Liste jugendgefährdender Medien aufzunehmen. Das war der Bundesprüfstelle aber verwehrt. Denn nach § 18 Abs. 8 Satz 1 JuSchG dürfen Medien, die von der FSK eine Altersfreigabe erhalten haben, nicht in die Liste jugendgefährdender Medien aufgenommen werden.

Leider geht die Konsequenz einer Altersfreigabe durch die FSK nach geltendem Recht sogar so weit, dass dem „Arschfick-Song“ auch mit den Mitteln des Strafrechts nicht beizukommen ist. Zu denken wäre an §§ 184, 184b des Strafgesetzbuches, wonach Ton- und Bildträger mit pornographischem oder gar kinderpornographischem Inhalt nicht verbreitet werden dürfen. Wenn aber die FSK einem Song bestätigt hat, dass Jugendliche ab 16 Jahren ihn ohne Schaden für ihre Entwicklung hören könnten, wirkt das natürlich auf den Handel wie eine Art Unbedenklichkeitsbescheinigung. Wer einen solchen Song verbreitet, hat gar nicht das Gefühl, etwas Strafbares zu tun. Juristisch gesehen fehlt ihm der Vorsatz, und das schließt eine Bestrafung aus.

Diese Gesetzeslage darf so nicht bestehen bleiben. Ihre Anfrage erreichte mich kurz vor dem Runden Tisch „Jugendschutzgesetz – Verbesserung des gesetzlichen Vollzugs“, den das für den Jugendschutz zuständige Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 28. November 2007 veranstaltet hat. Herr Staatssekretär Lutz Diwell hat mein Haus dort vertreten und die Problematik öffentlich angesprochen. Wir schlagen dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vor

- in § 14 JuSchG strengere Vorgaben für das Verfahren bei der FSK zu machen,

- die Besetzung des FSK-Prüfgremiums mit einem neutralen, praktisch erfahrenen Strafjuristen (Richter) vorzuschreiben,

- die FSK etwa mittels Beleihung in die staatliche Verwaltung einzubinden oder

- bei evident fehlerhaften Entscheidungen der FSK ein Aufhebungsrecht der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien vorzusehen.

Was davon letztlich verwirklicht werden kann, muss jetzt von Fachleuten der beiden Ministerien geprüft werden. Diese Prüfung ist maßgeblich durch Ihre Anfrage veranlasst, weshalb ich Ihnen für Ihren Hinweis vielmals danken möchte.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries