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Frage von Guntram S. •

Frage an Brigitte Zypries von Guntram S. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Zypris,

meiner Auffassung nach widerspricht die Auslegung des Unterhaltsrecht in folgenden Punkten in der rechtlichen Umsetzung in der täglichen Praxis der meisten Gerichte unserer Verfassung:

1. Gattenunterhalt nach der Scheidung. Dieser wir regelmäßig nach §§1570 ff. gewährt. Hierbei beruft sich der Richter regelmäßig auf das "nacheheliche Solidaritätsprinzip", welches besagt, dass ein Gatte Anspruch habe wegen "entgangener Ehe".

Nun ist es jedoch in der Praxis so, dass sich überwiegend der Berechtigte (meist die Frau) selbst entscheidet, die Ehe zu trennen, und nur selten bereit ist, bezüglich der gemeinsamen Kinder einen Kompromiss dahingehend einzugehen, dass gemeinsame Kinder beim Gatten wohnen bleiben, um ihm den Unterhalt zu erleichtern. Kann jemand, der sich selbst in die Lage bringt, bedürftig zu sein, überhaupt von anderen (hier dem Ex-Mann) verlangen, dass sie die Verantwortung für sein materielles Wohl tragen? Ich meine, die Verfassung sagt klar NEIN!

2. Unterhalt ist auch gegenüber Kindern in der Regel in BAR zu leisten. Ist es nicht ein Verstoss gegen das Selbstbestimmungsrecht des Unterhaltspflichtigen, wenn dieser nicht selbt bestimmen kann, in welcher Weise er den Unterhalt leisten will???

3. Kindergeld ist ein Surrogat für die Steuerentlastung durch den Kinderfreibetrag. Wie kann es sein, dass in der "Düsseldorfer Tabelle" 50 % des Kindergeldes dem Unterhaltsberechtigten zugesprochen werden, wo doch das unterhaltsberechtigte Kind dem (Finanz-)haushalt des Unterhaltspflichtigen voll zuzuordnen ist, und meines Wissens die Betreuungsleistung des Betreuenden nicht besteuert wird (oder noch nicht???)

4. Meinen Sie wirklich, dass ein Unterhaltsrecht, welches die Leistungsträger der Gesellschaft (nämlich die Familienväter), reihenweise in die soziale Armut presst (und die von ihnen abhängigen Kinder und Mütter gleich mit!!!) unsere Gesellschaft stabiler und lebenswerter macht???

Mit freundlichem Gruß,

G.S.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Seiss,

nachehelicher Unterhalt stellt keinen Ausgleich für eine "entgangene Ehe" dar. Der verfassungsrechtliche Schutz einer Ehe endet nicht mit ihrem Scheitern. Deshalb sind Ehegatten im gewissen Maße auch nach dem Ende einer Ehe füreinander verantwortlich. Dabei spielt es grundsätzlich keine Rolle, aus welchen Gründen die ehe gescheitert ist.

Richtig ist, dass der Elternteil, der nicht mit dem Kind zusammenlebt, den Unterhalt grundsätzlich in Geld entrichten muss. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der mit dem Kind zusammenlebende Elternteil für die tatsächliche Versorgung des Kindes verantwortlich ist. Mithin müssen ihm auch die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, um dieser Verantwortung nachkommen zu können. Zudem ist der andere Elternteil - gerade wenn es um alltägliche Ausgaben geht - nicht in der Lage, den konkreten Bedarf des Kindes zu überblicken. Einvernehmlich können die Eltern aber stets eine andere Art der Unterhaltsgewährung vereinbaren.

Das Kindergeld dient dazu, die Unterhaltslast der Eltern im Ganzen zu erleichtern. Die Unterhaltsverpflichtung erfordert aber nicht nur Geldleistungen, sondern auch die Versorgung, Pflege und Erziehung des Kindes. Dieser sogenannte Betreuungsunterhalt wird von dem Elternteil erbracht, der mit dem Kind zusammenlebt. Da sich Bar- und Betreuungsunterhalt gleichwertig gegenüberstehen, steht jedem Elternteil die Hälfte des Kindergeldes zu.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries