Portrait von Brigitte Zypries
Brigitte Zypries
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Brigitte Zypries zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von René R. •

Frage an Brigitte Zypries von René R. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Zypries,

in Ihrer Antwort an Herrn Schmell vom 10.10.2007, schreiben Sie:
„Die Tatsache, dass einzelne Richter Entscheidungen fällen, die später von der nächsten Instanz oder - wie im Fall Görgülü - vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aufgehoben werden, bedeutet nicht, dass Deutschland kein Rechtsstaat wäre.“

Wäre es aber dann nicht die Aufgabe eines Rechtsstaates, die begangenen Fehlurteile zu beheben und die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs so schnell wie möglich durchzusetzen, anstatt diese selbstherrlich zu ignorieren?

Im Fall Görgülü fällt es nur sehr schwer rassistische Hintergründe nicht erkennen zu wollen, gäbe es nicht jährlich zig Tausende solcher Fälle, in diesen von Ihnen zitierten Rechtsstaat.

Was gedenken Sie, Frau Zypries, als Bundesjustizministerin, in Zukunft gegen solche Verbrechen an die Menschlichkeit und staatliche Übergriffe zu unternehmen?

Mit freundlichen Grüßen
René Rölke

Portrait von Brigitte Zypries
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Rölke,

auch Richter sind nur Menschen. Auch ihnen unterlaufen manchmal Fehler in der Rechtsanwendung. Sicherlich sind die Verfahren in Sachen Görgülü kein Ruhmesblatt für die deutsche Justiz. Allerdings sind die Urteile, die nicht den gesetzlichen Vorgaben bzw. den Vorgaben des EGMR genügten, stets aufgehoben und korrigiert worden. Rassistische Gedankengänge haben in den Entscheidungen keine Rolle gespielt. Vor Gericht ist jeder gleich. Es gibt keinen Richter in Deutschland, der diese Vorgabe nicht verinnerlicht hat.

Nun zu Ihrer Frage, wie eine solch verfahrene Situation in Zukunft verhindert werden kann. Eins vorweg: Nur in den wenigsten Verfahren gibt es eine klare Rechtslage. Das Sprichwort "zwei Juristen, drei Meinungen" kommt nicht von ungefähr. Deshalb ist nicht jedes Urteil, das in einer höheren Instanz aufgehoben wird, oder das von der Allgemeinheit als ungerecht empfunden wird, ein "Fehlurteil".

Die Unabhängigkeit der Gerichte ist eines der höchsten Güter unseres Rechtsstaates. Zu dem Zwecke der Kontrolle einer gerichtlichen Entscheidung gibt es in der deutschen Rechtsordnung ein ausgeklügeltes System von Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen. Und über allem steht zudem als überwachendes Korrektiv zudem das Bundesverfassungsgericht.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Brigitte Zypries