Frage an Brigitte Zypries von Stephan L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Zypries,
ich habe bezüglich des Artikel 146 Grundgesetzes eine Frage. Laut Artikel 146 des Grundgesetzes verliert das Grundgesetz seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft trifft, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist. Nunmehr 17 Jahre nach Vollendung der Deutschen Einheit gibt es in Deutschland immer noch das ungültige Grundgesetz . Warum hatte das deutsche Volk bisher nicht die Möglchkeit eine neue Verfassung in freier Entscheidung beschließen zu können?
Sehr geehrter Herr Luckaßen,
die Regelung zur Geltungsdauer des Grundgesetzes in Artikel 146 besagt nur, dass das heute gültige Grundgesetz außer Kraft tritt, wenn sich das deutsche Volk, zu welchem Zeitpunkt auch immer, eine neue Verfassung gibt. Die Vorschrift ändert nichts daran, dass das Grundgesetz mittlerweile dauerhafte Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ist. Artikel 146 enthält keinen Auftrag zum Erlass einer neuen Verfassung. Das hat auch das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung vom 31. März 2000, Aktenzeichen 2 BvR 2091/99, klargestellt. Sie können die Entscheidung hier nachlesen:
http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20000331_2bvr209199.html .
Als das Grundgesetz geschaffen wurde, hatte man die deutsche Teilung vor Augen und gab der Verfassung daher einen vorläufigen Charakter, um deutlich zu machen, dass die Existenz zweier deutscher Staaten zumindest aus Sicht der Bundesrepublik nicht endgültig ist. Dennoch war das Grundgesetz von Anfang an eine gültige Verfassung und seit dem Beitritt der neuen Bundesländer zur Bundesrepublik gilt es auch nicht mehr nur übergangsweise. Es ist jetzt die rechtliche Grundordnung "für das gesamte deutsche Volk" - was ebenfalls in Artikel 146 steht.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Brigitte Zypries