Frage an Brigitte Zypries von Herbert W. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Zypries,
wie ich gerade lesen muss wollen Sie dass die Teilnahme an einem Terrorcamp nun einen eigenen Straftatbestand darstellt. Die Zahl der dt. Bundesbürger welche an so einem Camp teilnehmen wird wohl im einstelligen Bereich sein. Gleichzeitig wird schon jahrelang bei der Einführung eines Straftatbestandes für Zwangsehen herumgetrödelt. Wieso unternehmen Sie in diesem Bereich, welcher pro Jahr tausende Menschen in Deutschland betrifft, überhaupt nichts.
Viele Grüße
Herbert Wandler
Sehr geehrter Herr Wandler,
Ihre Sorge um die von einer Zwangsverheiratung Betroffenen kann ich gut verstehen. Ich lese Ihre Frage so, dass Sie wissen möchten, warum über die bereits bestehende Strafbarkeit von Zwangsverheiratungen nicht hinausgegangen wird. Denn Zwangsverheiratungen sind bereits strafbar, seit 2005 ausdrücklich sogar als besonders schwerer Fall der Nötigung. Eine Zwangsverheiratung ist für den Täter mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bedroht.
Es ist aber auch richtig, dass darüber hinaus im Koalitionsvertrag als gemeinsames Ziel vereinbart ist, Zwangsverheiratungen zu verhindern und alle hierfür geeigneten Instrumente zu prüfen. Zur Umsetzung dieser Vereinbarung wurden auch bereits viele Maßnahmen ergriffen.
So war die Zwangsverheiratung Schwerpunktthema einer Arbeitsgruppe des Bundesministeriums der Justiz im Rahmen der Arbeiten zum Nationalen Integrationsplan. Bei den eingehenden Beratungen ist deutlich geworden, dass eine einseitig auf das Strafrecht konzentrierte Diskussion aber eher kontraproduktiv wirkt und den Blick auf andere Bereiche verstellt, in denen ein Handeln dringend notwendig ist. Maßgebliche Defizite liegen in den Bereichen Aufklärung, Prävention und Krisenintervention. Ziel ist es, Migrantinnen durch geeignete Beratungs- und Unterstützungsangebote in die Lage zu versetzen, von ihrem Selbstbestimmungsrecht nicht nur theoretisch, sondern auch tatsächlich Gebrauch machen, sich aus Zwängen und Gewaltbeziehungen lösen und ihr Recht auf freie Partnerwahl durchsetzen zu können. Teilgenommen haben an dieser Arbeitsgruppe neben Vertretern der Bundesregierung vor allem Migrantinnen und deren Verbände sowie Beratungs- und Opferhilfeeinrichtungen. Sie haben sich im Ergebnis dieser konstruktiven Diskussionen zu einer Vielzahl von Maßnahmen verpflichtet, die auf die Bekämpfung von Zwangsverheiratung ausgerichtet sind. All dies können Sie in dem ausführlichen Bericht der Arbeitsgruppe en detail nachlesen, den Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz unter www.bmj.de unter dem Thema "Nationaler Integrationsplan" finden.
Zudem hat das Bundeskabinett am 26. September 2007 den 2. Aktionsplan der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen verabschiedet, der einen Schwerpunkt auf die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund legt. Darin sind ebenfalls Maßnahmen gegen Zwangsverheiratungen aufgenommen worden. Schließlich sind durch das im Sommer in Kraft getretene Gesetz zur Umsetzung ausländer- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union Vorschriften in das Ausländerrecht eingeführt worden, die der Bekämpfung der Zwangsverheiratung dienen sollen.
Sie sehen, das Problem bleibt nicht - wie von Ihnen vermutet - in der politischen Diskussion "stecken", sondern es wird "angepackt", um so schnell wie möglich diese menschenrechtswidrige Praxis wirkungsvoll zu bekämpfen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Brigitte Zypries