Frage an Brigitte Zypries von Dieter P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Verehrte Frau Zypries,
soeben lese ich in der neuesten Ausgabe der (Berliner) Zeitschrift "Neue Politik" auf den Seiten 4 un 5 dreiundzwanzig Punkte zu Widersprüchen zwischen unserem Grundgesetz und der EU-"Verfassung", Schlußakte usw.. Dies ist dem Herausgeber von der Gesellschaft/Verein Mehr Demokratie e.V. übermittelt worden. Selbst wenn Einzelprobleme inzwischen korrigiert worden sein sollten (wie der Herausgeber meint), wäre es m.A. ein Skandal, diese Diskrepanz politisch weiterhin nicht nur zu dulden, sondern auch noch zu fördern. Wenn diese Probleme der Bevölkerung nahegebracht werden würden (oder gar plebiszitär behandelt werden könnten), wären die Folgen gar nicht abzusehen. Wie beurteilen Sie diese Darstellungen ?
Dieter Pütter
Sehr geehrter Herr Pütter,
leider kenne ich den von Ihnen erwähnten Artikel nicht. Daher ist mir nicht ganz klar, um was es Ihnen bei Ihrer Frage genau geht. Damit ich hierzu Stellung nehmen kann, wäre es nett, wenn Sie mir eine Kopie des Artikels und/oder einige konkrete Beispiele von den von Ihnen angesprochenen Widersprüchen nennen könnten. Sie können sich damit gerne an mein Berliner Büro wenden. Die Adresse lautet Platz der Republik 1, 11011 Berlin oder per E-Mail brigitte.zypries@bundestag.de. Ich werde Ihnen dann gerne von dort aus antworten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Brigitte Zypries
Sehr geehrter Herr Pütter,
ich habe nunmehr den von Ihnen angesprochenen Artikel gelesen. Lassen Sie mich ein Zitat des Bundesverfassungsgerichts vorweg schicken (Az. 2 BvR 1570/03): „Das Grundgesetz ist völkerrechtsfreundlich, fördert die Betätigung staatlicher Souveränität durch Völkervertragsrecht und internationale Zusammenarbeit und darf deshalb regelmäßig nicht so ausgelegt werden, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland entsteht“.
Nun zu dem von Ihnen angesprochnen Artikel. Ich halte diesen für äußerst unseriös, schlecht recherchiert und sehr polemisch.
Viele der wiedergegebenen Zitate sind aus dem Zusammenhang gerissen und durch redaktionelle Kommentierung in einen Bedeutungszusammenhang gestellt, der sich so aus den Zitaten nicht ergibt.
Zudem sind einige der Thesen auch schlichtweg falsch, was nur mit schlechter Recherche zu erklären ist. Besonders auffällig ist dies bei Nr. 18, wo es um die Todesstrafe geht. Es heißt in der EU-Verfassung in Artikel II-62 Absatz 2 ganz eindeutig: „Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.“ Die in der Erklärung Nr. 12 zur Schlussakte der Regierungskonferenz wiedergegebene Ausnahme hat nichts mit der EU-Verfassung zu tun, sondern ist ein Zitat von Artikel 2 des Protokolls Nr. 6 zur europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), das sich auf das Recht im Krieg bezieht.
Ebenso wird bei Nr. 20 in keiner Weise begründet, warum die Möglichkeit der Errichtung eines Unternehmens in Deutschland nach dem Recht eines anderen Mitgliedsstaates Auswirkungen auf die betriebliche Mitbestimmung haben soll. Zudem haben die angegebenen Fundstellen keinerlei Bezug zu Frage der betrieblichen Mitbestimmung.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich keinen Sinn darin sehe, mich noch weiter inhaltlich mit einer unsachlichen und schlecht recherchierten Kritik an der EU-Verfassung auseinanderzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Brigitte Zypries