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Frage von Stefan H. •

Frage an Brigitte Zypries von Stefan H. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Zypries,

ich bin besorgt über das geplante Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung.

Um das Thema hier nicht in voller Breite bearbeiten zu müssen, habe ich nur zwei einfache Fragen an Sie:

1. Wie ist die Vorratsdatenspeicherung mit der informationellen Selbstbestimmung vereinbar?

2. Wenn dieses Gesetz kommt, wie verhindern Sie den Überwachungsstaat?

Mit freundlichen Grüßen,
Stefan Hummelt

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Hummelt,

Sie beziehen sich auf den Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG (Bundestagsdrucksache 16/5846), der vom Bundeskabinett am 18. April 2007 beschlossen worden ist. Dieser Entwurf sieht u. a. die Einführung einer Pflicht der Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste vor, bestimmte Arten von Telekommunikationsdaten zu speichern. Die Einführung dieser Speicherungspflicht dient der Umsetzung der genannten Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 in innerstaatliches Recht. Die Bundesrepublik Deutschland ist nach Artikel 249 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft verpflichtet, diese Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.

Die vorgesehene Speicherungspflicht ist aber auch unverzichtbar, um eine effektive Strafverfolgung in bestimmten Kriminalitätsbereichen, wie etwa der Betäubungsmittel- oder Internetkriminalität, zu gewährleisten. Sie stellt unter Berücksichtigung der betroffenen Grundrechte – vorrangig des Fernmeldegeheimnisses aus Artikel 10 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und nicht des von Ihnen erwähnten informationellen Selbstbestimmungsrechts – eine angemessene Regelung dar.

Verkehrsdaten dürfen von den Telekommunikationsunternehmen bereits heute zu geschäftlichen Zwecken bis zu sechs Monate gespeichert werden, und Strafverfolgungsbehörden dürfen unter bestimmten Voraussetzungen schon nach geltendem Recht Auskunft über diese Daten – insbesondere zur Aufklärung erheblicher Straftaten – verlangen. Diese Befugnis kann jedoch leer laufen, wenn die relevanten Daten von den Unternehmen nicht gespeichert werden oder zur Zeit des Auskunftsverlangens bereits gelöscht sind, etwa weil sie aufgrund der zunehmenden Vereinbarung von Pauschaltarifen (so genannten Flatrates) für Abrechnungszwecke nicht (mehr) benötigt werden.

Sie sehen, die geplante Speicherungspflicht soll lediglich die Verfügbarkeit der für die Strafverfolgung erforderlichen Daten für einen bestimmten Zeitraum gewährleisten. Der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten kommt eine große Bedeutung zu: Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt die unabweisbaren Bedürfnisse einer wirksamen Strafverfolgung hervorgehoben, das öffentliche Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafverfahren betont und die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens bezeichnet.

Im Interesse der Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger hat die Bundesregierung in intensiven Verhandlungen auf EU-Ebene durchsetzen können, dass die Speicherungspflicht auf ein Mindestmaß beschränkt wird. Das gilt nicht nur für die Datenarten, die gespeichert werden müssen, sondern auch für die Speicherfrist, die auf eine Mindestdauer von sechs Monaten begrenzt werden konnte. Andere Mitgliedstaaten hatten vehement für die Erfassung einer größeren Anzahl von Datenarten sowie eine deutlich längere Speicherdauer von einem Jahr bis zu vier Jahren plädiert. Ich bin daher zufrieden, dass wir schließlich die deutsche Position in Brüssel durchsetzen konnten.

Ich bitte auch zu berücksichtigen, dass das konkrete Auskunftsersuchen der Strafverfolgungsbehörden weiterhin grundsätzlich einen gerichtlichen Beschluss voraussetzt. Die Daten werden bei den Telekommunikationsunternehmen aufbewahrt und der Staat erhält nur im Einzelfall Zugriff auf solche Daten, die für die Aufklärung der Straftat von Bedeutung sein können.

Insgesamt ist daher der anklingende Vorwurf, ein Überwachungsstaat werde geschaffen, nicht gerechtfertigt.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Brigitte Zypries