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Frage von Alexander M. •

Frage an Brigitte Zypries von Alexander M. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Zypries,

mit welcher Begründung haben Sie im Dezember 2006 beschlossen, die Mehrwertsteuer um 3% zu erhöhen, aber die Tabelle für die Pfändungsfreigrenzen statt im Jahr 2007 erst im Jahr 2009 wieder anzupassen? In Anbetracht über 3 Millionen überschuldeter Haushalte ist dies ein Schlag ins Gesicht für alle, die versuchen, wenigstens einen Teil ihrer Schulden zu bezahlen anstatt Hartz IV zu beantragen und schwarz arbeiten zu gehen. Dies ist sicherlich schwer zu verstehen für jemanden, der noch nie in einem normalen Angestelltenverhältnis gearbeitet hat. Ich bitte trotzdem darum, diese Entscheidung zu überdenken, und vor allem mir meine Frage zu beantworten.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mihlan,

die Frage, ob die Pfändungsfreigrenzen erhöht werden, ist in § 850c Abs. 2a der Zivilprozessordnung gesetzlich geregelt. Der Gesetzgeber hat dabei vorgesehen, dass die Höhe der Pfändungsfreigrenzen in regelmäßigen Abständen überprüft wird. Die Entwicklung der Freigrenzen folgt dabei der Entwicklung des steuerrechtlichen Existenzminimums nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes. Vorausetzung für eine Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen ist es also, dass sich zuvor das steuerrechtliche Existenzminimum erhöht hat. Wenn das nicht geschehen ist, wie zum Stichtag 1. Januar 2007 der Fall, bleiben automatisch auch die Pfändungsfreigrenzen unverändert. Das Bundesministerium der Justiz ist an diese gesetzliche Regelung gebunden und kann nicht nach eigenem Ermessen davon abweichen.

Die Verbesserung des Pfändungsschutzes ist mir jedoch ein großes Anliegen: Am 31. März 2007 ist das Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge in Kraft getreten. Es verbessert den Pfändungsschutz für Altersvorsorgeverträge, insbesondere Lebens- und private Rentenversicherungen, deutlich. Künftig sind diese Formen der Altersvorsorge vor dem Vollstreckungszugriff der Gläubiger genauso geschützt wie etwa die Rente oder Pensionen.

Zudem arbeiten wir daran, den Pfändungsschutz für Bankkonten zu verbessern. Nach geltendem Recht führt die Pfändung eines Bankkontos dazu, dass es vollständig blockiert ist. Die anfallenden Zahlungsgeschäfte des täglichen Lebens, wie Begleichung von Miete, Energiekosten, Versicherungen etc. können dann nicht mehr über das Konto abgewickelt werden. Die Kontolosigkeit ist nicht nur finanziell nachteilig, sondern beschränkt die Betroffenen in ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit oder bedroht gar ihre Existenz.

Das Bundesministerium der Justiz hat daher einen Gesetzentwurf für einen verbesserten Pfändungsschutz für Bankkonten erarbeitet, der zurzeit den anderen Bundesministerien, den Ländern und Verbänden zur Stellungnahme vorliegt. Danach sollen künftig einem Schuldner ohne aufwändiges und bürokratisches Verfahren die Geldmittel verbleiben, die er zur Bestreitung des existentiellen Lebensbedarfs benötigt. Es ist zu erwarten, dass Kündigungen von Girokonten wegen des Zugriffs von Gläubigern in Zukunft nur noch in Ausnahmefällen vorkommen werden.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Brigitte Zypries