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Frage von Antje K. •

Frage an Brigitte Zypries von Antje K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Frau Zypries,

ich habe eine Frage zum Unterhaltsrecht. Sie sind ja der Auffassung, mit der Reform des Unterhaltsrechtes einen großen Schritt getan zu haben. Ich stimme Ihnen dahingehend zu, dass die Eigenverantwortung der Alleinerziehenden insofern erhöht wird, als sie sich nicht mehr endlos darauf berufen können, wegen der Kinderbetreuung nicht arbeiten zu können.
Wie steht es aber mit der finanziellen Ausbeutung der Unterhaltsverpflichteten? Das Unterhaltsrecht Deutschlands wurde bereits von der EU missbilligt. Die Unterhaltssätze sind horrend und orientieren sich keinesfalls am tatsächlichen Bedarf des Kindes. Es werden fiktive (!) Einkommen festgesetzt und Unterhaltsverpflichtete systematisch in den finanziellen Ruin getrieben. Die Familiengerichte treffen Entscheidungen, die teilweise so absurd sind, dass es fast komisch wirkt, wären da nicht die Schicksale, die daranhängen. Die Jugendämter genießen Narrenfreiheit bei der Beitreibung von Unterhalt. Geltendes Recht wird mit Füßen getreten, sofern es im Sinne des Unterhaltsverpflichteten ausgelegt werden könnte.
Es hat den Anschein, dass der Staat, der ja das Kinderkriegen propagiert (insbesondere Frau von der Leyen), sich aus der Affäre zieht, wenn es darum geht, finanziell für Kinder einzustehen.
Wer Kinder in die Welt setzt, soll auch dafür aufkommen, aber im Rahmen seiner Möglichkeiten und nicht auf Basis willkürlich festgesetzter Sätze.
Welche Möglichkeiten hat mein Lebensgefährte, eine gerechte Beurteilung seiner finanziellen Verhältnisse zur Festsetzung des Unterhalts zu erhalten? Das zuständige Jugendamt Berlin-Spandau zeichnet sich durch Inkompetenz und Voreingenommenheit aus, eine Beschwerde an den Bezirksbürgermeister wurde ohne auch nur in einem Punkt auf das entsprechende Schreiben einzugehen, abgewiesen.

Mit freundlichem Gruß
Antje Kanzock

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Kanzock,

mir ist bewusst, dass Unterhaltszahlungen zu Einschränkungen in der Lebensgestaltung des Unterhaltspflichtigen führen können. Dennoch muss der Unterhalt so bemessen sein, dass der gesamte Lebensbedarf eines Kindes gedeckt ist. Dazu zählen nicht nur die Kosten für Verpflegung und Kleidung, sondern auch für Wohnung, Bildung, Erholung, Gesundheits- und Krankheitsfürsorge (§ 1610 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)). Vor diesem Hintergrund halte ich die gesetzlich festgelegten Bedarfssätze und die für höhere Einkommen von der Rechtsprechung entwickelten Leitlinien für den Unterhalt minderjähriger Kinder für angemessen. In der untersten Einkommensgruppe beträgt der Kindesunterhalt altersabhängig zwischen 204 und 291 Euro. Das ist sicherlich nicht zu viel, wenn man die Beträge mit den Sozialhilfesätzen vergleicht.

Darüber hinaus muss dem Unterhaltsverpflichteten stets so viel verbleiben, wie für seinen eigenen Unterhalt nötig ist (§ 1603 Abs. 1 BGB). Sicherlich ist das Gesetz bei der Bemessung dieses so genannten Selbstbehaltes streng. Denn vom Unterhaltsverpflichteten wird verlangt, alle verfügbaren Mittel für den Unterhalt seiner Kinder zu verwenden.

Angesichts der wirtschaftlichen Unselbstständigkeit der Kinder und ihrer damit verbundenen Abhängigkeit tragen Eltern eine besondere Verantwortung. Sie haben daher die Pflicht, für das Wohlergehen der Kinder zu sorgen und somit auch den Unterhalt der Kinder auf jede nur zumutbare Weise sicherzustellen. Dies beinhaltet auch, seine Arbeitskraft bestmöglich einzusetzen und bei Bedarf auch eine Nebentätigkeit aufzunehmen, ungünstigere Arbeitsbedingungen oder einen Berufs- oder Ortswechsel in Kauf zu nehmen. Kommen Eltern dieser Verpflichtung nicht nach, so muss der Unterhaltsbemessung ein Einkommen zu Grunde gelegt werden, das der Unterhaltspflichtige unter Berücksichtigung der individuellen Fähigkeiten und der tat-sächlich bestehenden Erwerbsmöglichkeiten erlangen könnte. Anderenfalls könnte sich jeder Unterhaltspflichtige einfach mit dem Hinweis auf „ich verdiene nicht genug“ seiner Unterhaltsverpflichtung entziehen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Brigitte Zypries