Frage an Brigitte Zypries von Frank J. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Zypries ! Hier eine Frage an die Ministerin der Justiz.
In nächster Zeit werde ich heiraten. Aufgrund privater Recherchen ist mir jedoch aufgefallen, daß die Ehe für mich NUR in Verbindung mit einem Ehevertrag möglich ist. Es ist ja seit der Reform in Deutschland ja so, dass die Ehe zu einer Scheidung ja nun "zerüttet" sein muss.
Im Grunde genommen ist es doch so, dass der "Besserverdienende" (...die Betonung liegt auf dem Wort verdienen...) im Falle der Ehescheidung, IMMER den kürzeren ziehen würde und dies ungeachtet der Scheidungsgründe. Ob nun der Ehemann jahrzehntelang hart für die Unterhaltung der Famillie gearbeitet hat und die Frau dann den Tennislehrer besser findet oder auch andersherum, ob der Ehemann seine Frau aufgrund des Alterns nicht mehr will und einfach mit einer jüngeren durchbrennt oder ob einer der Ehepartner einfach von dem anderen böswillig verstossen wird. Wie ist denn eine solche Regelung nicht nur mit dem BGB (§ 823) sondern auch mit dem GG Artikel 6 zu vereinbaren ? Immerhin wacht bzw. schützt der Staat ja hier nicht (über) den ( in seinen Rechten) benachteiligten Ehegatten. Desweiteren hat dieser in solchen Fällen den Schaden (…also die Scheidung) ja auch nicht herbeigeführt.
Darüberhinaus bin ich der Meinung, daß das GG Artikel 6 allein schon gegen den Artikel 3 desselben Grundgesetzes verstösst. Ansonsten würde nicht nur die Mutter den Anspruch auf Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft erhalten, sondern auch der Vater (Gleichberechtigung ??). Wäre es nicht sinnvoller, wie in anderen rechtsstaatlichen Systemen auch schon lange praktiziert, ein Schuldprinzip für Ehescheidungen mit daraus resultierendem Recht wieder einzuführen ? Wenn diese unterschiedlichen, in ihrer moralischen Qualität verschiedenen Lebenssachverhalte vom Recht in Bezug auf die Folgen für Vermögen, Unterhalt und Altersversorgung völlig gleichartig behandelt werden, wird die Rechtsordnung von mir nicht mehr verstanden.
Sehr geehrter Herr Jahncke,
Ihrer Kritik am bestehenden Scheidungsrecht kann ich mich nicht anschließen. Wenn sich ein Ehepartner wirklich scheiden lassen will, dann kann ihn niemand zur Fortsetzung der gescheiterten Ehe zwingen. Wer das Scheitern verursacht und verschuldet hat, ist dabei unerheblich. Mit guten Gründen hat der Gesetzgeber das Schuldprinzip 1977 abgeschafft: Es ist dem Staat in der Regel schlicht unmöglich, die Schuld für eine gescheiterte Ehe allein einem Ehepartner anzulasten. Die guten Erfahrungen, die wir in Deutschland seitdem mit dieser Änderung des Scheidungsrechts gemacht haben, geben dem Gesetzgeber dabei Recht.
Auf einem anderen Blatt steht dabei der Umstand, dass die Ehepartner auch nach einer Scheidung verpflichtet sind, füreinander einzustehen. Daraus folgt u. a., dass sie sich grundsätzlich gegenseitig zum Unterhalt verpflichtet sind. Dabei muss auch in wirtschaftlicher Hinsicht der Stärkere für den Schwächeren einstehen.
Diese gesetzlichen Regelungen sollen immer für eine Vielzahl von Fällen gelten; Sie als Einzelner haben dabei die Möglichkeit, durch einen Ehevertrag etwas anderes zu regeln. Ob Sie das möchten und welche Regelung für Sie und Ihre Verlobte passend ist, ist eine weit reichende Entscheidung, bei der Sie sich m. E. anwaltlich beraten lassen sollten.
Ihrer Verlobten und Ihnen wünsche ich alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries