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Frage von Dr. Arndt B. •

Frage an Brigitte Zypries von Dr. Arndt B. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Zypries,

mich überrascht die Information, das Bundesverfassungsgericht habe vor 2 Jahren zum Sorgerecht entschieden, mir ist nur die Entscheidung vor 4 Jahren bekannt.

Gleichwohl hier auf dieser Plattform Ihre 2 Jahre alte Antwort zur selben Frage nachzulesen. Damals sagten Sie: „Wir beobachten die Praxis derzeit und werden - wenn genauere Zahlen über die tatsächlichen Sorgerechtsvereinbarungen vorliegen- entscheiden…“

Heute sagen Sie „Gleichwohl machen wir derzeit eine Praxisbefragung…“. Ist im Justizministerium die Zeit stehen geblieben?

Was ist aus der damaligen Beobachtung geworden? Hat nicht das Statistische Bundesamt im Ende 2005 die Zahlen über die Sorgerechtsvereinbarungen geliefert, die Sie im „Gesetz zur Umsetzung familienpolitischer Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes“ beauftragt haben? Welche Erkenntnisse wurden aus diesen Zahlen gezogen?

Und noch eine persönliche Frage: Möchten Sie Vätern die Ausübung ihrer verfassungsmäßigen Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes ermöglichen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dr. Brenschede,

das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 29. Januar 2003 (BVerfGE 107, 150) den Gesetzgeber verpflichtet, die tatsächliche Entwicklung zu beobachten und zu prüfen, ob die gesetzlichen Annahmen auch vor der Wirklichkeit Bestand haben. Zu diesen Annahmen gehört, dass eine Mutter, die mit dem Vater und dem Kind zusammenlebt und gleichwohl keine Sorgeerklärung abgeben will, dafür schwerwiegende Gründe hat, die von der Wahrung des Kindeswohls getragen werden.

Wir haben verschiedene Schritte unternommen, um den Prüfauftrag des Bundesverfassungsgerichts zu erfüllen. Seit dem Jahr 2004 wird – wie Sie angesprochen haben – die Begründung der gemeinsamen Sorge durch Sorgeerklärung statistisch erfasst. Im Jahr 2004 wurden im gesamten Bundesgebiet 87.400 Sorgeerklärungen abgegeben. Unter Berücksichtigung der Geburtsstatistik 2004, nach der 197.129 Kinder in nichtehelichen Lebensgemeinschaften geboren wurden, ergibt sich für die Begründung der gemeinsamen Sorge eine Quote von 44,34 Prozent. Dies bedeutet einerseits, dass das Rechtsinstitut der Sorgeerklärung zu einem großen Teil gut angenommen wird. Andererseits muss aber auch berücksichtigt werden, dass nicht verheiratete Eltern sich immerhin in mehr als der Hälfte der Fälle (55,66 Prozent) nicht entschließen können, die gemeinsame Sorge durch Sorgeerklärung zu begründen. Diese Prozentzahlen allein sind jedoch wenig aussagekräftig, weil sie keinen Aufschluss darüber geben, ob die Eltern zusammenleben und auf welchen Gründen die Nichtabgabe von Sorgeerklärungen beruht. Eine Praxisbefragung bei Rechtsanwälten und Jugendämtern soll hierüber weiteren Aufschluss geben. Die Ergebnisse dieser Befragung werden demnächst vorliegen und ausgewertet werden.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Brigitte Zypries