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Frage von Thomas P. •

Frage an Brigitte Zypries von Thomas P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Ministerin Zypries,

(1) Zum Allgem. Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wurde eine Antidiskriminierungsstelle eingerichtet und an das BMFSFJ angegliedert, obwohl diese Antidiskrim.stelle doch auch stark mit beruflichen Diskriminierungen, Arbeitsschutz, Gewerbeaufsichtsämtern und Konfliktschlichtung befasst sein wird.

Frage zu (1): Müsste man nicht auch das BM für Arbeit u. Soziales und das Justizministerium in die Verantwortung für die Tätigkeiten der Antidiskriminierungsstelle nehmen?

(2) Das AGG bezieht sich auf definierte Diskriminierungsmotive wie Rasse, Alter etc. Diskriminierungen, die anders motiviert, aber ebenfalls unrechtmäßig sind, werden von diesem Gesetz unverständlicherweise gar nicht erfasst. (Beim entsprechenden Umsetzungsgesetz in Großbritannien wurden zB. wieder andere Diskriminierungsmotive aufgeführt...)

Fragen zu (2): Sollte nicht jedwede sachlich ungerechtfertigte Diskriminierung untersagt werden, egal welches Motiv im Spiel ist? Kommt es statt auf das Diskrim. motiv nicht vielmehr auf das Ausmaß der Unsachlichkeit bei einer diskriminierenden Entscheidung an? Kann man die Antidiskriminierungsstelle nicht mit einer erweiterten Zuständigkeit ausstatten, sodass zumindest in der Praxis alle Motive und alle unrechtmäßigen Diskriminierungstatbestände erfasst werden?

(3) Beim sozialen Arbeitsschutz gibt es ein großes Defizit bzgl. außergerichtlicher Schlichtungsverfahren. Wenn ein von einem Arbeitsplatzkonflikt betroffener Arbeitnehmer innerbetrieblich nicht weiterkommt, ist er auf den langwierigen und strapaziösen Gerichtsweg angewiesen.

Frage zu (3): Wäre es nicht sinnvoll und notwendig, die Gewerbeaufsichtsämter mit entsprechender Kompetenz für die soziale Konfliktschlichtung und für Diskriminierungsprävention auszustatten und eine Zusammenarbeit mit der Antidiskriminierungsstelle zu organisieren?

Ihnen, Frau Ministerin, für 2007 weiterhin viel Erfolg und Nervenstärke!

T. Peltason

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Peltason,

vielen Dank für Ihre Fragen zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Zu (1): Nach dem Willen des Gesetzgebers ist die Antidiskriminierungsstelle eine unabhängige Einrichtung, die frei arbeiten kann. Sie ist keinem Bundesministerium unterstellt, auch nicht dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend; sie ist dort lediglich organisatorisch angegliedert. Die Leitung der Antidiskriminierungsstelle ist „in Ausübung ihres Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen“ (§ 26 Abs. 1 Satz 3 AGG).

Zu (2): Ihre Anregung, das AGG und die Zuständigkeit der Antidiskriminierungsstelle zu erweitern, kann ich nicht aufgreifen. Der Diskriminierungsschutz, den wir mit dem AGG geschaffen haben, erfasst Lebenssachverhalte, die typischerweise besonders schutzbedürftige Personen betreffen und die auch im EU-Vertrag ausdrücklich genannt sind. Insoweit besteht politischer Konsens, dass Diskriminierungsschutz erforderlich ist, auch wenn stets Eingriffe in die Privatautonomie damit verbunden sind. Die Privatautonomie ist aber nicht beliebig einschränkbar. Sie ist als Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit durch Artikel 2 Abs. 1 des Grundgesetzes geschützt und gewährt grundsätzlich jedem das Recht, seine Lebensverhältnisse – auch nach persönlichen Vorlieben – selbst und eigenverantwortlich zu gestalten.

Zu (3): Bereits nach geltender Rechtslage unterstützt die Antidiskriminierungsstelle Personen, die sich an sie wenden, bei der Durchsetzung ihrer Rechte (§ 27 AGG). Sie kann insbesondere selbst über Ansprüche und Rechtsschutzmöglichkeiten informieren, aber auch Beratung durch andere Stellen vermitteln oder eine gütliche Beilegung zwischen den Beteiligten anstreben. Die Antidiskriminierungsstelle kann bei ihrer Tätigkeit auch andere Einrichtungen, die zum Schutz vor Benachteiligungen tätig sind, einbeziehen (§ 29 AGG).

Für die Tätigkeit der Gewerbeaufsichtsämter bin ich als Bundesministerin der Justiz nicht zuständig, diese fallen in den Bereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie bzw. in die Zuständigkeit der Bundesländer.

Mit freundlichen Grüßen und besten Dank für Ihre guten Wünsche
Ihre Brigitte Zypries