Frage an Brigitte Zypries von Georg B. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Zypries,
es wurde bei mir soeben ein Versorgungsausgleich wg. Scheidung durchgeführt. Dabei wurde mir erklärt, dass die Rente bei mir sofort gekürzt, meine Ex-Frau die Zuwendungen aber erst nach 8 Jahren bekommt(da 8 Jhr jünger und somit erst nach 8 Jhr Rente bezieht)
Weiterhin wurde mir erklärt, dass dies 2009 infolge einer Gesetzesänderung im Rahmen der "Strukturänderung des Versorgungsausgleichs" so entschieden wurde, vorher wurde die reguläre Rente bis zum Renteneintritt des Ex-Partners ausbezahlt.
Frage:
Können Sie mir die Gründe für die Gesetzesänderung nennen?
Wie stehen Sie dazu und wie haben Sie entschieden?
Mit freundlichen Grüßen
G. Böck
Sehr geehrter Herr Böck,
vielen Dank für Ihre Nachricht, in der Sie nach den Gründen für die Strukturänderung im Versorgungsausgleich aus dem Jahre 2009 fragen. Das Gesetz habe ich damals als Justizministerin auf den Weg gebracht. Gern möchte ich Ihnen daher antworten.
Dem Versorgungsausgleich liegt der Gedanke zugrunde, dass Anrechte auf eine Altersversorgung, welche die Ehegatten während der Ehe erworben haben, das Ergebnis ihrer gemeinsamen, partnerschaftlichen Lebensleistung sind. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs werden daher Renten- und Versorgungsanrechte aller Art, insbesondere Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus der Beamtenversorgung, aus der berufsständischen Versorgung, aus der betrieblichen Altersversorgung und aus privaten Rentenversicherungsverträgen ausgeglichen, das heißt geteilt - dies gilt allerdings nur für die in der Ehezeit erworbenen Ansprüche. Mit der Reform 2009 haben wir den Versorgungsausgleich modernisiert, klarer strukturiert und damit auch anwenderfreundlicher gestaltet.
Nach der heutigen Regelung werden die „geteilten“ Rentenansprüche direkt auf das Rentenkonto des geschiedenen Ehepartners übertragen. Für den „abgebenden“ Ehepartner bedeutet das, dass diese Ansprüche ab der Scheidung entfallen. Diese klare Regelung wurde unter anderem geschaffen, um dem Ehepartner, der auf Beruf und Karriere verzichtet und deshalb weniger Rentenansprüche gesammelt hat, eigene Rentenansprüche zu gewährleisten und nicht - wie vor der Reform - bei Bedürftigkeit im Alter oder bei Invalidität auf Unterhaltszahlungen des geschiedenen Partners angewiesen zu sein.
Die sogenannte „Rentnerprivilegierung“, die das Gesetz vor der Strukturänderung des Versorgungsausgleichs 2009 kannte, ist mit dem neuen Teilungsmodells nicht mehr vereinbar. Sind die Rentenanwartschaften bereits auf die jeweiligen Rentenkonten umverteilt, gibt es keinen Grund, diese Teilung erst mit dem Renteneintritt des geschiedenen Ehepartners zu vollziehen. Im Gegenteil: Die Teilung ab dem Zeitpunkt der Scheidung knüpft an den richtigen zeitlichen Zusammenhang an – das ist der Zeitpunkt, an dem die Eheleute entschieden haben, nicht mehr füreinander einstehen zu wollen und auch bezüglich der Rente wieder jeder für sich „wirtschaftet“. Außerdem erscheint es ungerecht, wenn bei der Scheidung von Paaren mit großer Altersdifferenz der Ältere jahrelang von seiner ganzen Rente profitieren kann, wohingegen dies bei gleich alten Paaren nicht der Fall wäre.
Ich verstehe natürlich, dass sich das als Betroffener nicht immer fair anfühlt. Aus gesetzgeberischer Sicht halte ich die aktuelle Regelung jedoch für sinnvoll und gerecht.
Ich wünsche Ihnen eine erholsame Sommerzeit und verbleibe mit freundlichen Grüßen aus Berlin
Brigitte Zypries