Frage an Brigitte Zypries von Prof. Peter S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Zypries,
im Interview mit dem Tagesspiegel vom 04.05.2014 behaupten Sie u. a., dass das von den Starts und Landungen betroffene Gebiet rund um den BER "nicht so dicht besiedelt sind wie z.B. rund um den Flughafen Frankfurt". Auch wenn diese Aussage richtig ist, stellen sich die Fragen, ob Sie die Fluglärmbelästigungen in Frankfurt als angemessene Richtschnur betrachten, und ob Sie eine Betroffenenzahl von mehreren hunderttausend als zu vernachläsigenden "Kollateralschaden" betrachten?
Ferner würde ich gern wissen, wie gut Sie sich über die schädlichen Auswirkungen von Lärmbelästigung informiert haben? Auch als Juristin, sollten Sie sich über die medizinischen Folgen sachkundig machen!
Abschließend würde ich gern noch wissen, inwieweit Sie es als Sozialdemokratin mit Ihrem Gewissen vereinbaren können, rein wirtschftliche Interessen (der Air-Lines und der Flughafengesellschaft) über die auch von GG garantierten Grundrechte der Bürger(innen) auf körperliche Unversehrtheit zu stellen?
Mit freundlichen Grüßen
Prof. P. Salvers
Sehr geehrter Herr Professor Salvers,
vielen Dank für Ihre Zuschrift zum Thema Nachtflugverbot am zukünftigen Flughafen Berlin Brandenburg (BER). Sie beziehen sich dabei auf ein Interview mit mir vom 4. 5. 2015.
Mir liegen das Ruhebedürfnis der Flughafenanwohner und ein verbesserter Lärmschutz sehr am Herzen. Gerade auch durch meine Erfahrungen in Hessen mit dem Flughafen Frankfurt (mein Wahlkreis ist Darmstadt) ist mir sehr wohl bekannt, dass in der heutigen schnelllebigen und stressintensiven Zeit Lärmvermeidung ein zentrales Anliegen der Menschen ist. Daher misst die Bundesregierung in ihrer Umweltweltpolitik der Lärmminderung besonderes Gewicht bei. Ein wichtiger Faktor für den Lärmschutz sind leisere Triebwerke. Durch sie kann die größte Lärmquelle im Luftverkehr eingedämmt werden. Daher fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie über das Luftfahrtforschungsprogramm die Entwicklung immissionsarmer Triebwerke.
Lassen Sie mich bitte das aus dem Kontext gerissene Zitat in den richtigen Zusammenhang setzen: Die Politik ist dem Gesamtwohl verpflichtet. Sie muss häufig widerstrebende Interessen miteinander in Einklang bringen. Beim Thema Nachtflug stehen sich wirtschaftliche Interessen und die Interessen der Anwohner gegenüber. Für die Menschen ist die Nachtruhe elementar wichtig und diese gilt es bestmöglich zu schützen.
Ich bin der Meinung, dass sich hier durchaus ein für alle Seiten akzeptabler Kompromiss erzielen lässt und dieser auch weitgehend mit den vorgesehenen Nachtflugregelungen zu den Betriebszeiten für BER gefunden worden ist. Nach meiner Kenntnis wird die Geschäftsführung des Flughafens die Flüge in den Randzeiten auch auf das absolut Notwendige begrenzen.
Was die Flugrouten betrifft, sind vom Umweltbundesamt bis zur Deutschen Flugsicherung verschiedene Behörden auf Bundes- und Landesebene bemüht, die Flugrouten so festzulegen, dass die Anwohner so gering wie möglich belastet werden. Die Ihnen sicher bekannte lärmfachliche Beurteilung des komplexen Flugroutensystems für BER durch das Umweltbundesamt gibt hierfür wertvolle Hinweise.
Die Lärmproblematik wird vermutlich nicht vollständig zu lösen sein. Deshalb muss ergänzend in den Schallschutz investiert werden. Hier ist für BER ein großzügig bemessenes Schallschutzprogramm am neuen Flughafen aufgelegt worden. Nach meiner Kenntnis ist das hierfür vorgesehene Budget in Höhe von rund 700 Mio. € weltweit einzigartig.
Wichtig erscheint mir bei allem, dass die Maßnahmen in einem intensiven Dialog mit den Betroffenen angegangen werden. Hierfür bitte ich um Ihre Mitarbeit und letztlich auch um Verständnis.
Ich bin zuversichtlich, dass sich letztlich ein für alle Beteiligten akzeptabler Kompromiss erzielen lässt und werde mich weiterhin dafür einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries