Frage an Brigitte Zypries von Norbert W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Frau Zypries,
war die sogenannte Wehrpflicht ein Bruch des GG? Niemand darf aufgrund seines Geschlechtes benachteiligt werden heißt es im Grundgesetz, aber Männer mußten aufgrund ihres Geschlechtes Kriegsdienst oder Zwangsarbeit ableisten, also lag doch hier ein klarer Grundgesetzbruch vor. Dabei war die Wehrpflicht nicht nur eine Benachteiligung, sondern eine massive Menschenrechtsverletzung, vom Kriegs oder Krisenfall ganz zu schweigen. Politiker halten zur Rechtfertigung zwei Antworten bereit:
1. Es steht im Gesetz
2. Frauen bekommen Kinder
Die 1 Antwort könnte auch von êinem chinesichen Politiker sein, sie erklärt oder rechtfertigt nichts.
Die zweite Antwort ist entweder dumm oder dreist, erklären muß ich das sicher nicht.
Haben Sie eine redliche Begründung dafür, warum die Wehrpflicht nicht gegen das GG verstieß und weder eine Benachteiligung noch eine Menschenrechtsverletzung vorlag, nach Adam Riese ist sowas unmöglich. Was halten Sie von Frauen, die für Gleichberechtigung kämpfen und dafür plädieren, daß Männer im Kriegs oder Krisenfall gezwungen werden, ihr Leben einsetzen, um das ihre zu schützen? (Die SPD Frauen bestätigten die Wehrpflicht ja immer wieder)
mfg.
Norbert Weber
Sehr geehrter Herr Weber,
eine gesetzliche Dienst- und Wehrpflicht nur für Männer – die es in Deutschland seit 2011 nicht mehr gibt – würde nicht gegen das Grundgesetz verstoßen. Denn es ist in Art. 12a Grundgesetz ausdrücklich geregelt, dass der Gesetzgeber diese Möglichkeit hat. Der Gesetzgeber könnte die Wehrpflicht also wieder aufleben lassen. Poltische Bestrebungen in diese Richtung gibt es allerdings derzeit nicht.
Die von Ihnen angesprochene Spannung zwischen der 1956 eingeführten Dienst- und Wehrpflicht nur für Männer und dem Gleichbehandlungsgrundsatz in Artikel 3 GG bestand anfangs jedoch wirklich. Erst 1968 hat der Bundestag mit Zweidrittelmehrheit den Artikel 12a GG beschlossen und damit eine Spezialregelung für die Wehrpflicht geschaffen. Das Bundesverfassungsgericht hat sich mehrfach mit dieser Regelung befasst, so z.B. in der Entscheidung vom 20.2.2002, 2 BvL 5/99, und sie nicht beanstandet. Nicht alles, was rechtlich zulässig ist, muss politisch sinnvoll sein. Sie sehen keine guten Gründe für die unterschiedliche Inanspruchnahme von Männern und Frauen. Das kann ich verstehen.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries